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Gemeinschaftliche Verfügungen von Todes wegen sind bekanntermaßen für den überlebenden Ehepartner bindend, wenn es sich um wechselbezügliche Verfügungen in gemeinschaftlichen Testamenten oder um vertragsmäßige Verfügungen in Ehegattenerbverträgen handelt. Die Bindungswirkung tritt dabei beim gemeinschaftlichen Testament mit dem Eintritt des ersten Erbfalls ein, beim Ehegattenerbvertrag mit dem Abschluss des Vertrags. Liegt zwischen dem ersten und dem zweiten Erbfall ein längerer Zeitraum, steigt die Notwendigkeit, dass der überlebende Ehepartner Änderungen am Testament vornehmen kann. Der nachfolgende Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, ob und unter welchen Umständen der überlebende Ehepartner für seine Schlusserbfolge eine Testamentsvollstreckung nachträglich anordnen kann.
A. Bindungswirkung von Verfügungen von Todes wegen
1. Allgemeines
Bei einem Ehegattentestament liegt eine Bindungswirkung vor, wenn es sich um wechselbezügliche Verfügungen handelt. Wechselbezüglich sind nach § 2270 Abs. 1 BGB Verfügungen von Todes wegen dann, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die des anderen getroffen worden wäre, sodass die Nichtigkeit der einen Verfügung die der anderen zur Folge hat. Die Wechselbezüglichkeit kann von den Testierenden auch auf bestimmte Teile der letztwilligen Verfügung beschränkt werden und muss sich nicht zwangsläufig auf das gesamte Testament beziehen.
2. Auslegung der letztwilligen Verfügung
Ist in einem gemeinschaftlichen Testament die Wechselbezüglichkeit nicht ausdrücklich bestimmt, ist nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen im Wege der individuellen Auslegung zu ermitteln, ob eine Wechselbezüglichkeit vorliegt (§§ 133, 157 BGB). Denn die Tatsache, dass Ehepartner in einer gemeinschaftlichen Urkunde ihren letzten Willen wiedergeben, führt nicht zwangsläufig auch zu einer Wechselbezüglichkeit. Maßgebend ist vielmehr die Frage, ob die Ehepartner eine oder mehrere voneinander abhängige (korrespektive) Verfügungen treffen wollten.
Im Rahmen der individuelle Auslegung kommt es bei gemeinschaftlichen Testamenten grundsätzlich auf den Willen beider Ehegatten an. Die Rechtsprechung geht dabei teilweise davon aus, dass bei einer intakten Familie der eine Ehegatte die gemeinsamen Abkömmlinge zugunsten des anderen Ehepartners nur übergeht, wenn den Kindern nach dem Überlebenden das gemeinschaftliche Vermögen zufällt, nimmt dann also Wechselbezüglichkeit an.
3. Vermutung der Wechselbezüglichkeit nach § 2270 Abs. 2 BGB
Führt die individuelle Auslegung zu keinem Ergebnis, wird nach § 2270 Abs. 2 BGB eine Wechselbezüglichkeit vermutet, wenn sich Ehegatten gegenseitig bedenken (Alt. 1) oder wenn der eine Ehepartner den anderen und dieser eine Person einsetzt, die mit dem Erstverstorbenen verwandt ist oder ihm sonst nahe steht (Alt. 2).
Strittig ist in Literatur und Rechtsprechung, ob die Vermutungsregelung des § 2270 Abs. 2 BGB Anwendung findet, wenn in der testamentarischen Verfügung keine ausdrücklichen Ersatzerben bestimmt sind, sich solche also nur aus der Vermutungsregelung des § 2069 BGB bestimmen lassen. Der BGH hat es abgelehnt, eine vermutete Wechselbezüglichkeit nach § 2270 Abs. 2 BGB auch auf den nach § 2069 BGB vermuteten Ersatzerben zu erstrecken, zumindest wenn sich kein entsprechender Wille der Testierenden ermitteln lässt. Dem ist auch das BayObLG gefolgt.
B. Umfang der Bindungswirkung
1. Allgemein
Liegen wechselbezügliche Verfügungen vor, dann ist der überlebende Ehepartner soweit gebunden, denn mit dem Eintritt des ersten Erbfalls erlischt sein Recht zum Widerruf nach § 2271 Abs. 2 S. 1 BGB. Die Bindungswirkung erstreckt sich dabei in tatsächlicher Hinsi...