Das LG Heidelberg hat sich in seinem Urteil zur Zulässigkeit der Klage vor dem ordentlichen Zivilgericht und eben nicht vor dem Schiedsgericht (Ziffer 1. der Entscheidungsgründe) zu einem besonderen Punkt geäußert. Das hat Wendt zu dem Satz bewegt (ErbR 2014, 401, 402): "Die geradezu historisch zu nennende Brisanz enthält der erste Teil."
Das LG Heidelberg hat in der Tat, soweit ersichtlich, als erstes ordentliches Zivilgericht zu Pflichtteilsrechten und letztwilligen Schiedsklauseln entschieden. Noch im Hereditare-Jahrbuch für Erbrecht und Schenkungsrecht, 2014 (herausgegeben von Muscheler, dort Schiffer/Schürmann, S. 39, 49), war zu "beklagen", dass bis dahin kein Judikat vorlag.
Wie ist die Entscheidung zu bewerten?
Unter Hinweis auf Geimer und andere konstatiert das LG zunächst, dass die Beantwortung der Frage, ob der Erblasser auch Pflichtteilsansprüche nach § 1066 ZPO wirksam der Schiedsgerichtsbarkeit unterwerfen kann, umstritten und höchstrichterlich noch nicht entschieden ist. Aus welchem Grund das LG bei den Nachweisen zu der fachlichen Diskussion auch einen Nachweis "zu einem vergleichbaren [?] Problem der testamentarischen Zuweisung von Streitigkeiten über die Entlassung des Testamentsvollstreckers an ein Schiedsgericht" gibt, bleibt unerfindlich.
Anschließend nennt das LG in einem längeren Absatz, insbesondere unter Hinweis auf Geimer jedenfalls verschiedene Argumente, die für die Zulässigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit auch in diesem Zusammenhang sprechen.
In dem folgenden Absatz seiner Urteilsbegründung zählt das LG die Gegenargumente auf. Das Gericht sieht es ohne nähere Begründung so, dass der Erblasser das Pflichtteilsrecht entwerten könnte, wenn er eine Streitigkeit einer "Schiedsstelle" (?) zuweist. Diese Vermutung des staatlichen Gerichts kann schon deshalb nicht überzeugen, weil die §§ 1025 ff ZPO "aus Sicht der Rechtsordnung, mithin aus Verfassungssicht", von der prinzipiellen Gleichwertigkeit staatlicher und privater Gerichtsbarkeit ausgehen (ausf. dazu etwa Harder, Das Schiedsverfahren im Erbrecht, 2007, S. 29 ff). Noch verwunderlicher wirkt der weitere Gedanke des Gerichts, das gelte im besonderen Maße, wenn der Erblasser glaube, die Schiedsstelle sei ideologisch gefärbt, z. B. pflichtteilsfeindlich eingestellt. Was soll hier denn der innere "Glaube" des Erblassers bewegen? Entscheidend dürften doch Tatsachen sein. Wieso mutmaßt das LG hier eine ideologische Färbung? Die Mutmaßung des Gerichts wirkt auf mich als ebensolche. (Hinweis: In dem Fall ging es um die DSE-Schiedsklausel. Tatsächlich bilde ich für die DSE gemeinsam mit anderen seit Jahren Schiedsrichter aus und stehe auf deren Schiedsrichterliste. Unabhängig davon bin ich aber z. B. auch DIS-Schiedsrichter. Das sei hier nur angemerkt, damit der Leser sich ein eigenes Bild machen kann.)
Das Gericht betont sodann, dass der Erblasser nach dem BGB grundsätzlich nicht über das Pflichtteilsrecht verfügen können soll. Daraus lasse sich entnehmen (!), dass er es auch prozessual "nicht entwerten können soll". Dieses aus meiner Sicht schon oben widerlegte Argument verwendet das LG sodann noch ein weiteres Mal, indem es auf den Wortlaut des § 1066 ZPO verweist, der auf die gesetzliche Statthaftigkeit als Voraussetzung für ein letztwilliges Schiedsgericht abstellt. Der Erblasser könne grundsätzlich nicht in gesetzlich statthafter Weise über die Pflichtteilsansprüche disponieren. Das Gesetz wolle den Pflichtteilsberechtigten sowohl materiell als auch prozessual schützen, weshalb § 1066 ZPO, so das pauschale Ergebnis des LG, es dem Erblasser nicht ermögliche, auch Pflichtteilsansprüche der Schiedsgerichtsbarkeit zu unterwerfen.
Im Ergebnis neige ich jedenfalls was die Grundfrage der fehlenden Schiedsfähigkeit der Pflichtteilsberechtigung angeht, der Auffassung des LG durchaus zu (siehe schon Verf. in Schiffer [Hrsg.]) Mandatspraxis Schiedsverfahren und Mediation, 2. Aufl., 2005, S. 171, Rn 663). Jenseits aller Diskussionen dazu, was hier Mindermeinung und was herrschende Meinung ist (das geht in den verschiedenen einschlägigen Veröffentlichungen herrlich durcheinander), überzeugen mich die pauschale Aussage des LG, deren Begründung und insgesamt die undifferenzierte Betrachtung des LG anders als Wendt (aaO, S. 402: "ausgewogen und gut begründet") aber nicht. Es sind einfach nicht generell die "Pflichtteilsrechte" (Wendt, aaO) oder die "Pflichtteilsansprüche" (LG Heidelberg, aaO) über einen Kamm zu scheren. Die Angelegenheit ist differenzierter zu betrachten (s. etwa auch schon Schiffer/Schürmann, aaO).
Die Zulässigkeit einer letztwilligen Schiedsklausel nach § 1066 ZPO folgt letztlich aus der grundgesetzlich geschützten Testierfreiheit (Art 14 Abs. 1 GG, ausf. etwa Harder, aaO, S. 67 ff; Dawirs, Das letztwillig angeordnete Schiedsverfahren – Gestaltungsmöglichkeiten, 2014, S. 41). Danach ist der Erblasser zu allen Anordnungen befugt, die ihm nicht (ausdrücklich) durch das Gesetz versagt sind (s. schon Walter in: Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkei...