Rembert Süß (Hrsg.)
3. Aufl. 2015, zerb verlag, 1.552 S. nebst CD-ROM mit Gesetzestexten, Formularen und Mustern, 169,– EUR
ISBN: 978-3-95661-022-6
Das von Dr. Rembert Süß, Rechtsanwalt, Referatsleiter für Internationales Privatrecht beim Deutschen Notarinstitut in Würzburg, herausgegebene Buch stellt in in einer umfangreichen Einführung und in rund 50 Länderberichten das internationale und materielle Erbrecht, Nachlassverfahrensrecht und die Erbschaft- und Schenkungsteuer in fast allen europäischen Staaten dar. Schon die Zusammenstellung des Autorenteams und die sprachliche Koordinierung ist eine anerkennenswerte Leistung.
Die am 17.8.2015 in Kraft getretene EuErbVO hat das Erbrecht insoweit verändert, als aus unserer Sicht für Neufälle grundsätzlich der Gleichlaufgrundsatz gilt, d. h., dass ein deutsches Nachlassgericht bei letztem gewöhnlichem Aufenthalt des Erblassers in Deutschland grundsätzlich deutsches Erbrecht anwendet (Art. 21 EuErbVO). Es kann aber trotzdem zur Anwendung ausländischen Rechts kommen, nämlich für Erbfälle vor dem 17.8.2015, oder wenn z. B. vorrangige Staatsverträge einschlägig sind (deutsch-türkisch, deutsch-persisch, deutsch-sowjetisch) oder der Erblasser eine zulässige Rechtswahl getroffen hat (Art. 22 EuErbVO) bzw. wegen Weiter- und Rückverweisungen. Die 25 Mitgliedstaaten der EuErbVO mussten jeweils Landesdurchführungsgesetze erlassen, in Deutschland war es das IntErbRVG. Das Buch konnte noch nicht alle ausländischen Durchführungsgesetze berücksichtigen, da manche Staaten damit bis "zum letzten Drücker" warteten.
Ein Vorteil des Buchs, der es von anderen vergleichbaren Werken abhebt, ist, dass die Länderkapitel fast ausnahmslos von Juristen aus den jeweiligen Ländern bearbeitet wurden. Andererseits würde ein deutscher Jurist in manchen Fällen die Unterschiede, etwa bei der Testamentsvollstreckung, deutlicher herausstellen.
Die Schweiz ist kein Mitgliedstaat der EuErbVO, sondern ein "Drittstaat". Die sich daraus ergebenden schwierigen Zweifelsfragen sind im Teil "Schweiz" Rn 38–59 ausführlich dargestellt. Verfahrensrechtlich erkennt die Schweiz deutsche Erbscheine und Europäische Nachlasszeugnisse grundsätzlich an (Rn 183). Das hilft dem deutschen Erblasser mit letztem Aufenthalt in Deutschland, aber Vermögen in der Schweiz.
In Frankreich werden bei unstreitigen Fällen notarielle Urkunden als Beweismittel verwendet, ein förmliches Erbscheinsverfahren gibt es nicht. Ist der Fall streitig (unklares Testament, Testierunfähigkeit, Fälschung, Formmangel u.s.w.), muss eine Erbschaftsklage erhoben werden ("Frankreich" Rn 191). Für das Europäische Nachlasszeugnis ist in Frankreich vermutlich der Notar zuständig (Rn 42); ungeklärt ist, wie streitige Fälle von ihm behandelt werden.
Das Buch ist für jeden Juristen, der sich mit ausländischem Erbrecht oder ausländischer Erbschaftsteuer befassen will oder muss, sehr zu empfehlen. Aber auch für den, der sich für Rechtsvergleichung interessiert, ist es eine Fundgrube. Jedem Anwalt oder Notar, der im ausländischem Recht tätig wird, ist aber zu raten, vorher zu klären, ob seine Haftpflichtversicherung Schäden abdeckt, denn zu leicht wird etwas übersehen.
Prof. Dr. Walter Zimmermann, Vizepräsident des LG a.D., Passau
Autor: Prof. Dr. Walter Zimmermann
ZErb 10/2015, S. 328