Großbritannien bleibt Vertragspartei des EWR-Abkommens, wenn es aus der EU austritt. Das Abkommen bestimmt nicht ausdrücklich, dass ein Mitgliedsstaat der EU aus dem EWR ausscheidet, wenn er aus der EU ausscheidet. Aus Art. 126 EWRA ergibt sich nichts anderes. Dort ist der räumliche Anwendungsbereich des EWR-Abkommens geregelt, indem gesagt wird, es gelte für das Hoheitsgebiet der damaligen EWG-Staaten, soweit dafür der EWG-Vertrag gilt. Das hat es erübrigt, den Anwendungsbereich durch Wiederholung zu bezeichnen. Eine weitergehende Bedeutung kommt der Verweisung daher nicht zu. Auch das Völkervertragsrecht sagt nicht, dass eine Vertragspartei eines multilateralen Vertrags aus dem Vertrag ausscheidet, wenn sie eine Eigenschaft einbüßt, die Voraussetzung dafür war, Vertragspartei zu werden, hier also die Mitgliedschaft Großbritanniens in der EWG – und fortgeführt in der EU. Darin liegt ein Wegfall der Geschäftsgrundlage, der aber nach Art. 62 WVK keine automatischen Rechtsfolgen hat, sondern nur den anderen Vertragsparteien das Recht gibt, den Vertrag zu beenden oder zu suspendieren.
Auch eine Austrittsvereinbarung nach Art. 50 Abs. 2 S. 2 EUV ändert nichts an der Zugehörigkeit Großbritanniens zum EWR. Sie wird ausschließlich zwischen der EU und Großbritannien geschlossen und kann daher keine Regelungen über das EWR-Abkommen treffen, zumal die EU insoweit kein Handlungsmandat für ihre Mitgliedsstaaten und vor allem nicht für die EFTA-Staaten hat.
Aber einiges ändert sich grundlegend. Nach seinem Austritt aus der EU unterliegt Großbritannien hinsichtlich der Einhaltung des EWR-Abkommens weder einer Überwachung durch die EU-Kommission noch einer Überwachung durch die EFTA-Überwachungsbehörde (dazu Art. 109 EWRA). Über seinen Umgang mit dem Abkommen befinden seine nationalen Gerichte, die keine Vorlagemöglichkeit nach Art. 267 AEUV mehr haben. Und wenn man in Art. 126 EWRA über den räumlichen Geltungsbereich eine dynamische Verweisung auf den jeweiligen Geltungsbereich des EWG-Rechts und nun des Gemeinschaftsrechts sieht, würde eine Nicht(mehr)anwendung des Gemeinschaftsrechts das Hoheitsgebiet Großbritanniens von der Anwendung des EWR-Abkommens ausnehmen. Dann bliebe Großbritannien Vertragspartei des Abkommens, aber das Abkommen würde für sein Hoheitsgebiet nicht mehr gelten. Es hätte dann denselben Status wie die EU, für die das Abkommen auch gilt, obwohl sie kein Hoheitsgebiet hat, in dem es anwendbar ist.