Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Änderung des Schenkungsteuerbescheids vom 19.2.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.8.2014 dahingehend, dass die Schenkungsteuer auf 23.647 EUR festgesetzt wird (§ 126 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 FGO). Das FG hat zwar zutreffend angenommen, dass die Vorerwerbe von M bei der Berechnung der Steuer nicht zu berücksichtigen sind. Entgegen der Auffassung des FG ist aber die im Verhältnis des Klägers zu K gemäß § 15 Abs. 1 ErbStG geltende Steuerklasse II maßgebend.
1. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist, und in subjektiver Hinsicht den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit (BFH, Urt. v. 29.6.2016 – II R 41/14, BFHE 254, 64, BStBl II 2016, 865, Rn 9).
a) Schließen künftige gesetzliche Erben einen Vertrag gemäß § 311b Abs. 5 BGB (früher § 312 Abs. 2 BGB), wonach der eine auf seine künftigen Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche gegen Zahlung eines Geldbetrags verzichtet, stellt die Zahlung eine freigebige Zuwendung des Zahlenden iSd § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar. Da die Abfindung in einem solchen Fall aus dem Vermögen des künftigen gesetzlichen Erben geleistet wird, liegt eine freigebige Zuwendung von diesem und nicht eine freigebige Zuwendung des künftigen Erblassers an den Empfänger der Abfindung vor (vgl. BFH, Urt. in BFHE 241, 390, BStBl II 2013, 922 Rn 10 f).
b) Im Hinblick auf die anzuwendende Steuerklasse führte der BFH in seiner bisherigen Rechtsprechung aus, diese richte sich nicht nach dem Verhältnis des Zuwendungsempfängers (Verzichtenden) zum Zahlenden, sondern zum künftigen Erblasser (BFH, Urt. v. 25.5.1977 – II R 136/73, BFHE 122, 543, BStBl II 1977, 733; v. 25.1.2001 – II R 22/98, BFHE 194, 440, BStBl II 2001, 456, und in BFHE 241, 390, BStBl II 2013, 922). Der Verzicht auf Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche gegenüber einem anderen gesetzlichen Erben sollte hinsichtlich der Steuerklasse vor Eintritt des Erbfalls nicht anders behandelt werden als nach Eintritt des Erbfalls, bei dem der Verzicht auf die noch nicht geltend gemachten Pflichtteilsansprüche gegen Abfindung gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG nach der Steuerklasse zu bestimmen ist, die im Verhältnis zum Erblasser gilt (vgl. BFH, Urt. in BFHE 194, 440, BStBl II 2001, 456, unter II.2.d). Zudem sollte es für die anwendbare Steuerklasse keinen Unterschied machen, ob der Verzicht mit dem künftigen Erblasser oder dem anderen gesetzlichen Erben vereinbart wird. Es sollte stets das Verhältnis des Verzichtenden zum künftigen Erblasser zugrunde gelegt werden.
c) Nach nochmaliger Überprüfung hält der BFH an dieser Rechtsprechung zur Bestimmung der Steuerklasse nicht mehr fest. Der Streitfall zeigt, dass eine steuerrechtliche Gleichbehandlung des vor und nach dem Erbfall erklärten Verzichts auf Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche gegenüber anderen gesetzlichen Erben nicht möglich ist.
aa) Die vom FA verwendete Berechnungsmethode, die bei mehreren Zahlungsverpflichteten den im Verhältnis zum Erblasser maßgebenden Freibetrag bei jeder Abfindung des Verzichtenden berücksichtigt, kann wegen der Vervielfachung des Freibetrags zu einer erheblichen schenkungsteuerrechtlichen Besserstellung des vor dem Erbfall vereinbarten Pflichtteilsverzichts führen. So wären im Streitfall bei der vom Kläger begehrten Nichtberücksichtigung der Vorerwerbe von der künftigen Erblasserin M die von seinen Brüdern gezahlten Abfindungen von jeweils 150.000 EUR geringer als der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG von jeweils 205.000 EUR. Schenkungsteuer würde nicht anfallen. Demgegenüber würden die Abfindungen bei einem nach Eintritt des Erbfalls vereinbarten Pflichtteilsverzicht gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 Alt. 1 ErbStG als von M zugewendet gelten mit der Folge, dass der Freibetrag von 205.000 EUR nur einmal anzusetzen wäre; für die Abfindungen wäre, soweit sie zusammen 205.000 EUR übersteigen, Erbschaftsteuer festzusetzen.
bb) Eine Aufteilung des im Verhältnis zum Erblasser maßgebenden Freibetrags nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG auf die jeweiligen freigebigen Zuwendungen der zur Abfindungszahlung verpflichteten gesetzlichen Erben kann ebenfalls nicht gewährleisten, dass beim Erwerber eine unabhängig vom Zeitpunkt des Pflichtteilsverzichts gleichmäßige Steuerbelastung eintritt. Denn auch hier sind die Abfindungen, die andere gesetzliche Erben leisten, bei einem Pflichtteilsverzicht vor dem Erbfall als freigebige Zuwendungen der anderen gesetzlichen Erben nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu besteuern, während bei einem Pflichtteilsverzicht nach dem Erbfall insoweit ein Erwerb von Todes wegen vom Erblasser nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG vorliegt. Wegen der progressiven Steuersätze könnte diese Bere...