In seltenen Fällen erstreckt sich die beschränkte Erbschaftsteuerpflicht über das Inlandsvermögen (§ 121 BewG) hinaus für einen Zeitraum von längstens zehn Jahren ab Ende des Wegzugsjahres auf weiteres Vermögen mit Inlandsbezug (§ 4 AStG). Zu diesem sog. "erweiterten" Inlandsvermögen gehören alle Vermögensgegenstände, deren Erträge aus deutschen Quellen stammen, insbesondere:
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Kapitalforderungen gegen deutsche Schuldner (z. B. Guthaben bei deutschen Banken); |
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Wertpapiere deutscher Emittenten (z. B. Aktien und Anteile deutscher Investmentfonds) |
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Ansprüche auf Renten und (einmalige oder wiederkehrende) Versicherungsleistungen gegen Schuldner im Inland sowie Nutzungsrechte an Vermögen im Inland. |
Die erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht greift allerdings nur unter engen Voraussetzungen ein. Der Erblasser (Schenker) muss vor dem Wegzug Deutscher und mindestens zehn Jahre unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sein sowie unter Beibehaltung "wesentlicher wirtschaftlicher Interessen" im Inland iSv § 2 AStG in ein Niedrigsteuerland verzogen sein. Diese Merkmale müssen am Besteuerungsstichtag (§ 9 ErbStG) gegeben sein. Da die Merkmale der erweitert beschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 AStG während ihres bis zu 11-jährigen Anwendungszeitraums jährlich neu zu prüfen sind, kann auch die erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht von Jahr zu Jahr ein- und aussetzen, was bei mehreren Schenkungen innerhalb von zehn Jahren nach Wegzug relevant sein kann. Weitere Bedingung für die erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht ist, dass der Vermögensübergang der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) unterliegt. Damit kommt die erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht nur zur Anwendung, wenn der Erwerber neben Vermögen iSv § 4 AStG auch Vermögen aus dem Katalog des § 121 BewG erwirbt. Überdies greift die erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht erst ab Beginn des sechsten auf den Wegzug folgenden Jahres (im Fall der USA: gar nicht), da deutsche Staatsangehörige in den ersten fünf (USA: zehn) Jahren nach ihrem Wegzug der verlängerten unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Buchst. b) ErbStG) unterliegen, welche der erweitert beschränkten Erbschaftsteuerpflicht vorgeht. Verzichtet der Steuerpflichtige während des Zeitraums der verlängerten unbeschränkten Steuerpflicht auf die deutsche Staatsangehörigkeit, kann der Zeitraum der erweitert beschränkten Steuerpflicht allerdings früher beginnen und somit auch bei Wegzug in die USA relevant werden.
Es kommt nicht zur erweitert beschränkten Erbschaftsteuerpflicht, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass sein Erwerb einer ausländischen Erbschaftsteuer unterliegt, die mindestens 30 % der nach § 4 Abs. 1 AStG anfallenden deutschen Erbschaftsteuer beträgt (§ 4 Abs. 2 AStG). Die wichtigste Einschränkung der erweitert beschränkten Erbschaftsteuerpflicht ergibt sich aufgrund der Anknüpfung an § 2 AStG jedoch aus den mit vielen Ländern bestehenden Ertragsteuer-DBA. Soweit die erweitert beschränkte Einkommensteuerpflicht durch DBA ausgeschlossen ist, schlägt dies auf die erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht durch. Darüber hinaus erlauben die wenigen Erbschaftsteuer-DBA eine Anwendung von § 4 AStG meist ebenfalls nicht. Eine Ausnahme besteht für die Schweiz: Insoweit hat sich Deutschland die erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht für eine Zeit von fünf Jahren ab Ende des Wegzugsjahres vorbehalten (Art. 4 Abs. 4 DBA-Erb Schweiz). Die steuerpolitische Rechtfertigung von § 4 AStG ist angesichts des danach verbleibenden minimalen Anwendungsbereichs der Vorschrift mehr als zweifelhaft. Obschon der Anwendungsbereich der erweitert beschränkten Erbschaftsteuerpflicht sehr gering ist, sollte bei Wegzug in die Schweiz oder ein Nicht-DBA-Land eine vorsorgliche Prüfung bei jeder Schenkung und jedem Erbfall innerhalb von zehn Jahren nach Ende des Wegzugsjahres erfolgen.