Aufgrund der Nachlassspaltung sind zwei Erbscheine zu erteilen: Ein sog. Fremdrechtserbschein auf der Grundlage der Erbfolge nach dem türkischen Erbrecht für den beweglichen Nachlass und ein sog. Eigenrechtserbschein auf der Basis der Erbquoten des BGB für das in Deutschland belegene unbewegliche Vermögen. Häufig wird das Gericht beide Erbscheine in einer Urkunde zusammenfassen (sog. Doppelerbschein).Dies lässt allerdings die rechtliche Selbstständigkeit beider Erbscheine unberührt. Die Beteiligten haben auch die Möglichkeit, die Erbscheine getrennt zu beantragen. Benötigen sie also einen Erbschein lediglich zu Grundbuchzwecken, können sie allein den Eigenrechtserbschein beantragen und auf den Fremdrechtserbschein verzichten. So ist es auch im Fall des OLG Hamm geschehen.
Umstritten ist in Deutschland die Frage, wie mit Nachlass eines türkischen Erblassers zu verfahren ist, der außerhalb Deutschlands belegen ist. Man stelle sich z. B. vor, dass der Erblasser im Fall des OLG Hamm ein weiteres Grundstück in Belgien und ein Bankkonto in den Niederlanden hinterlassen hat. Müsste in diesem Fall das deutsche Gericht ein Europäisches Nachlasszeugnis iSv Art. 62 ff EUErbVO in Anwendung von § 14 Nachlassabkommen hinsichtlich des niederländischen Bankkontos auf der Basis des türkischen Heimatrechts des Erblassers und hinsichtlich des in Belgien belegenen Grundbesitzes auf Basis der belgischen lex rei sitae ausstellen, obgleich aus Sicht beider EU-Mitgliedstaaten auf der Basis von Art. 21 EUErbVO anhand des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers in Deutschland das deutsche Recht Erbstatut ist? Was wäre, wenn Belgien mit der Türkischen Republik einen Konsularvertrag abgeschlossen hat, wonach sich auch der Immobiliennachlass eines türkischen Erblassers nach seinem türkischen Heimatrecht vererbt?
Hier ergibt sich die Lösung mE schon aus dem Kontext des Konsularvertrages: Der in Deutschland akkreditierte Konsul der Türkischen Republik kümmert sich gem. Art. 20 Konsularvertrag ausschließlich um den in Deutschland belegenen Nachlass der Angehörigen seines Entsendungsstaates und das Nachlassabkommen regelt die Befugnisse so weit, wie der deutsche Empfangsstaat sie dem Konsul konzedieren kann, nämlich ausschließlich hinsichtlich des in Deutschland belegenen Vermögensteils. Art. 20 des Deutsch-Türkischen Konsularabkommens bestimmt daher ausdrücklich, dass das Nachlassabkommen sich auf die "in dem Gebiete des einen vertragschließenden Staates befindlichen Nachlässe von Angehörigen des anderen Staates" bezieht. Das deutsche Nachlassgericht muss daher hinsichtlich des in den anderen Mitgliedstaaten iSd EUErbVO befindlichen Nachlasses – da dieser vom Anwendungsbereich des Nachlassabkommens nicht erfasst wird – ein ENZ auf der Basis des nach den Regeln im III. Kapitel der EUErbVO bestimmten materiellen Erbrechts erstellen und der Klarstellung halber den in Deutschland belegenen Nachlass ausdrücklich vom Geltungsbereich des ENZ ausnehmen.