Bei Prüfung des Ehegattenerbrechts auf der Basis des deutschen BGB ist auch zu prüfen, welche Auswirkungen sich aus dem Güterstand der Eheleute auf das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten ergeben. So stellen die vier Absätze des § 1931 BGB darauf ab, ob die Eheleute in Gütertrennung, Zugewinngemeinschaft oder in einem anderen Güterstand gelebt haben. Lebten die Eheleute in Zugewinngemeinschaft deutschen Rechts und wird der Ehegatte gesetzlicher Erbe, so sieht § 1371 Abs. 1 BGB vor, dass der güterrechtliche Ausgleich nicht auf rechnerische Weise erfolgt, sondern das gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten "als Belohnung" für den Verzicht auf den güterrechtlichen Ausgleich pauschal um ein Viertel erhöht wird.
Da die Eheleute hier türkische Staatsangehörige waren, ist aber zunächst zu klären, welches Recht hier überhaupt auf die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe anwendbar war. Diese Frage ist keine erbrechtliche Frage, sondern güterrechtlich zu qualifizieren. Daher kann diese Frage nicht vom Erbstatut beantwortet werden, sondern ist gesondert anzuknüpfen (sog. Vorfrage).
Hier stellt sich vorab die Frage, ob bei der Anknüpfung des Güterstatuts im Rahmen der Bestimmung der Erbquote das Güterstatut ausgehend von den Vorschriften des deutschen IPR als dem IPR des Gerichtsstaats anzuknüpfen ist (selbständige Vorfragenanknüpfung ausgehend von der lex fori) oder aber von den IPR-Normen des ausländischen Erbstatuts (unselbständige Vorfragenanknüpfung nach dem IPR der lex causae – dann also dem türkischen IPR) auszugehen ist.
Die selbständige Vorfragenanknüpfung hat sich in Deutschland weitgehend durchgesetzt. Insbesondere der BGH und der EUGH vertreten die Anknüpfung von Vorfragen auf der Basis des IPR der lex fori selbst dann, wenn die Hauptfrage nach einem ausländischen Recht zu beurteilen ist. Die von Melchior und Wengler begründete Theorie der unselbständigen Vorfragenanknüpfung wurde in der deutschen Literatur zuletzt nur noch selten vertreten. Nun wird sie für die Anwendung der EUErbVO von einzelnen Autoren wiederbelebt. Gerechtfertigt wird dies mit dem durch die Schaffung eines einheitlichen Kollisionsrechts verfolgten Ziel der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung. Denn nur dann, wenn auch die im Rahmen der Behandlung des Erbrechts auftretenden Vorfragen in allen EU-Mitgliedstaaten einheitlich nach demselben Kollisionsrecht behandelt werden, sei auch gewährleistet, dass sich in sämtlichen Staaten der EU bei der Behandlung dieses Erbfalls das gleiche materielle Ergebnis ergebe.
Das vermag schon vom tatsächlichen Ausgangspunkt her nicht zu überzeugen, denn im Zuge der Vereinheitlichung des IPR in Europa ist auch bei selbständiger Vorfragenanknüpfung ein Entscheidungsdissens zunehmend unwahrscheinlich. Dagegen sind bei Drittstaatenberührung Fälle juristischer Schizophrenie vorprogrammiert:
So wäre unter der Hypothese, dass das Güterstatut im vorliegenden Fall nach der EUGüVO zu bestimmen wäre und die Eheleute bei Heirat schon in Deutschland gelebt hätten, bei selbständiger Anknüpfung des Güterstatuts gem. Art. 26 Abs. 1 EUGüVO von der Geltung deutschen Güterstatuts und Zugewinngemeinschaft aus deutscher Sicht auszugehen. Bei Prüfung der Erbquoten nach dem türkischen Erbrecht dagegen wäre bei unselbständiger Anknüpfung der Vorfrage über Art. 15 Abs. 1 des türkischen IPR wegen der Staatsangehörigkeit der Eheleute türkisches materielles Güterrecht anzuwenden.
Gegen die unselbständige Anknüpfung ist darüber hinaus anzuführen, dass Art. 1 Abs. 2 lit. d EUErbVO das Güterrecht vom Anwendungsbereich der Verordnung ausdrücklich ausschließt. Damit dürfte auch die mittelbare Beurteilung des Güterrechts durch die EUErbVO im Wege der unselbständigen Vorfragenanknüpfung ausgeschlossen sein.