Leitsatz
1. Für die im Rahmen des § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG vorzunehmende Prüfung, ob die Vermietung von Wohnungen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordert, sind die ertragsteuerrechtlich maßgebenden Abgrenzungskriterien zur Einstufung einer Vermietungstätigkeit als private Vermögensverwaltung oder als gewerbliche Tätigkeit heranzuziehen (vgl. BFH, Urt. v. 24.10.2017 – II R 44/15).
2. Zur üblichen Vermietungstätigkeit, die die Grenze der bloßen Vermögensverwaltung nicht überschreitet, gehören die Verwaltung der Wohnungen und deren Bewirtschaftung.
3. Von einer gewerblichen Vermietungstätigkeit ist auszugehen, wenn der Vermieter bestimmte ins Gewicht fallende, bei der Vermietung von Räumen nicht übliche Sonderleistungen erbringt oder wegen eines besonders schnellen, sich aus der Natur der Vermietung ergebenden Wechsels der Mieter oder Benutzer der Räume eine Unternehmensorganisation erforderlich ist.
4. Auf den zeitlichen und organisatorischen Umfang der Tätigkeiten kommt es ebenso wenig an wie auf die Anzahl der vermieteten Wohnungen.
5. Bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, die mit der Vermietung ihrer Wohnungen die Grenze der bloßen Vermögensverwaltung nicht überschreitet, kann sich die Erforderlichkeit eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes nicht aus einer Gesamtbetrachtung ergeben, die weitere Gesellschaften aus dem Firmenverbund mit einbezieht. Eine solche Gesamtbetrachtung ist im Wortlaut des § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG nicht vorgesehen und findet auch in der Gesetzessystematik keine Stütze.
FG Münster, Urt. v. 25.6.2020 – 3 K 13/20 F
1 Tatbestand
Streitig ist, ob zur Erfüllung des Betriebes der Klägerin, der in der Vermietung von Wohnungen bestand, ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb erforderlich war (§ 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG).
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der X-GmbH & Co. KG (nachfolgend auch als "KG" bezeichnet).
Im Feststellungszeitpunkt, dem Todestag der Erblasserin Frau B. S. am x.4.2012, war die I. S. Wohnungsverwaltungsgesellschaft mbH alleinige Komplementärin der KG; nur sie war zur Geschäftsführung der KG befugt. Deren Gesellschafter waren die Kläger zu 2.) und zu 3.). Alleinige Kommanditistin war Frau B. S. Ihre Anteile an der KG wurden von Todes wegen zu drei Vierteln auf ihren Sohn X. S., den Kläger zu 3.), und zu einem Viertel auf ihren Sohn I. S., den Kläger zu 2.), übertragen.
Die KG gehörte zum Firmenverbund der Familie S., der mehrere Hundert Mietwohnungen innehat und verwaltet. Die KG selbst hatte zum Feststellungszeitpunkt auf vier Grundstücken in C-Stadt etwa 40 Mietwohnungen zzgl. Garagen. Sie beschäftigte zum 31.12.2011 und im Kalenderjahr 2012 keine eigenen Arbeitnehmer. Zur Firmengruppe gehörte u.a. die S-GbR. Nach den Feststellungen des Beklagten befand sich der überwiegende Teil der Wohnungen dieses Firmenverbundes im Feststellungszeitpunkt im Eigentum der S-GbR. Diese hatte im Jahr 2012 50 Arbeitnehmer, der erfasste Lohnaufwand betrug über 540.000 EUR. Die S-GbR verwaltete die Wohnungen der KG und führte hierzu gehörende Nebentätigkeiten aus.
Zum 1.1.2018 wurde die KG auf die Klägerin zu 1.) verschmolzen, welche ebenfalls zum Firmenverbund der S-Gruppe gehört.
Im August 2013 ging die Erklärung zur Feststellung des Wertes des Anteils am Betriebsvermögen der KG auf den x.4.2012 beim Finanzamt C-Stadt ein. Die Erbschaft-/Schenkungsteuerstelle des Finanzamts C-Stadt forderte daraufhin am 29.8.2013 beim Beklagten auf den Bewertungsstichtag x.4.2012 die gesonderte Feststellung für den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (§ 97 Abs. 1a Bewertungsgesetz –BewG–, § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BewG), die Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 2a Erbschaftsteuergesetz –ErbStG–), die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des jungen Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 2a ErbStG) und die Zahl der Beschäftigten und die Ausgangslohnsumme (§ 13a Abs. 1a ErbStG) an, bezogen auf die KG. Am x.4.2012 seien von Todes wegen Anteile der verstorbenen Frau B. S. auf die Erwerber X. S. und I. S. übertragen worden. Zusätzlich wies das Finanzamt C-Stadt u.a. darauf hin, dass das Vermögen als begünstigtes Vermögen i.S. des § 13a ErbStG deklariert worden sei. Es seien der Verschonungsabschlag und der Abzug nach § 13a ErbStG gewährt worden. Soweit der Beklagte feststellen sollte, dass kein bzw. nur teilweise begünstigtes Vermögen vorliege, bat es um Mitteilung und konkrete Benennung des Umfangs. Die KG übersandte dem Beklagten im März 2014 ergänzend zur im August 2013 eingereichten Erklärung weitere Angaben; u.a. bezifferte sie in Zeile 34 bzw. 38 der Anlage zur Ermittlung des Substanzwerts zur Feststellungserklärung den Wert der inländischen Betriebsgrundstücke nach dem BewG mit 1.365.189 EUR.
Mit Bescheid über die gesonderte Feststellung des Werts des Anteils am Betriebsvermögen (§ 97 BewG) auf den x.4.2012 für Zwecke der Erbschaftsteuer nach § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BewG, die gesonderte Feststellu...