§ 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG in seiner heutigen Fassung wurde durch die Beschlussempfehlung und den Bericht des Finanzausschusses vom 22.6.2016 mit folgender Begründung eingefügt:
Zitat
"Satz 2 nimmt solches begünstigungsfähiges Vermögen von der Verschonung aus, das nahezu ausschließlich aus Verwaltungsvermögen besteht. Besteht betriebliches Vermögen oder das Vermögen einer Gesellschaft zu mindestens 90 Prozent aus Verwaltungsvermögen, ist davon auszugehen, dass das gesamte betriebliche Vermögen nicht schutzwürdig ist. Mit der Ausnahme solcher Gesellschaften von der Verschonung werden Gestaltungsmöglichkeiten ausgeräumt, die nach dem Urteil des BVerfG vom 17.12.2014 – 1 BvL 21/12 verfassungswidrig sein können."
Diese Begründung bezieht sich erkennbar auf die Ausführungen des BVerfG zu den sog. Cash-Gesellschaften die lauten:
Zitat
"§§ 13a und 13b ErbStG sind gleichheitswidrig, soweit sie die Begünstigung der vom BFH angeführten "Cash-Gesellschaften" zulassen. Die Bestimmungen des § 13b Abs. 1 und 2 ErbStG in der bis zum Inkrafttreten des neu durch das AmtshilfeRLUmsG vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) eingefügten § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 4a ErbStG geltenden Fassung über die Abgrenzung zwischen begünstigtem und nicht begünstigtem Vermögen verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, indem sie rein vermögensverwaltende Gesellschaften, deren Vermögen ausschließlich aus Geldforderungen besteht wie die sog. Cash-GmbH zum begünstigtem Vermögen zählen."
Dabei hatte der Finanzausschuss wohl nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Vorlage durch den BFH vom 27.9.2012 die Frage betraf, ob die Bestimmungen über die Befreiung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften in §§ 13a und 13b ErbStG i.V.m. der Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG in ihrer im Jahr 2009 maßgeblichen Fassung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Dabei führte der BFH die Cash-Gesellschaften an, die nach seiner – durch das BVerfG später korrigierten Rechtsauffassung – nicht über § 42 AO erfasst werden könnten.
Für Erwerbe, die nach dem 6.6.2013 entstanden, galt das ErbStG i.d.F. durch Art. 30 des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2013. Mit diesem Gesetz wurde der Verwaltungsvermögenskatalog durch einen neuen § 13b Abs. 2 Nr. 4a ErbStG ergänzt, der lautete:
Zitat
"der gemeine Wert des nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibenden Bestands an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen, soweit er 20 Prozent des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt."
Im Zeitpunkt der Entscheidung des BVerfG am 17.12.2014 waren die sog. Cash-Gesellschaften damit bereits aus der Verschonung ausgenommen. Dies war dem Gesetzgeber, der im Zeitpunkt der Beschlussempfehlung und des Berichts am 22.6.2016 unter dem Zeitdruck stand, eine Neuregelung bis zum 30.6.2016 treffen zu müssen, nicht hinreichend bewusst.
Die gesetzgeberische Grundentscheidung und der klar erkennbare Wille des Gesetzgebers war, die sog. Cash-Gesellschaften von den Verschonungen auszunehmen. Hierzu hätte es der Einführung von § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG nicht bedurft, diese Regelung entfaltet vielmehr eine, gemessen am Zweck der Reform, überschießende Wirkung. Damit erweist sich der Einstiegstest, gemessen an dem Zweck des Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des BVerfG vom 4.11.2016, als planwidrig zu weit gehend. Somit ist eine wortlautgetreue Anwendung dieser Regelung nicht geboten, sondern, wie der XI. Senat des BFH zum rückwirkenden Teilwertansatz entschieden hat, eine teleologische Reduktion eröffnet.