§ 13 Abs. 6 ErbStG soll seinem Regelungszweck nach die wesentlichen Betriebsgrundlagen einer Kapitalgesellschaft erhalten und die Übertragung von Vermögen der Gesellschaft in das Privatvermögen der Gesellschafter verhindern. Die Regelung ist daher eng auszulegen. Tatsächlich führt ein Insolvenzverfahren nicht in jedem Fall zu einer Zerschlagung des Unternehmens und damit zu einer Verteilung der wesentlichen Betriebsgrundlagen an mehrere Erwerber. Auch wird im Rahmen der Insolvenz einer Kapitalgesellschaft typischerweise kein Vermögen der Gesellschaft an die Gesellschafter ausgeschüttet. Vielmehr reicht dieses regelmäßig nicht einmal zur Befriedigung sämtlicher Insolvenzgläubiger der Gesellschaft aus. Es stellt sich daher die Frage, ob und inwieweit § 13a Abs. 6 Nr. 4 ErbStG nicht im Hinblick auf den Gesetzeszweck teleologisch zu reduzieren ist.
Der BFH hat allerdings zu § 13a Abs. 5 Nr. 4 S. 2 Alt. 1 ErbStG a.F. entschieden, dass dessen Anwendungsbereich nicht durch teleologische Reduktion auf Fälle zu beschränken ist, in denen die Auflösung der Gesellschaft freiwillig erfolgt. Bereits zuvor hatte der BFH zu § 13 Abs. 2a S. 3 ErbStG a.F. in Zusammenhang mit einer KG festgestellt, dass dieser Nachversteuerungstatbestand die Aufgabe des Geschäftsbetriebs einer KG auch dann umfasst, wenn die Aufgabe aufgrund eines existenzbedrohenden Zustands oder der Insolvenz der KG erfolgt. Er hat mit diesem Urteil explizit auch seine mit Beschl. v. 7.7.2004 eingenommene Position aufgegeben, in dem er anzweifelte, ob die Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG für den Erwerb eines Anteils an einer KG nachträglich wieder entfallen, wenn der Anteil dadurch untergeht, dass über das Vermögen der KG das Konkursverfahren eröffnet wird und der Konkursverwalter den Gewerbebetrieb der KG aufgibt.
Fraglich ist zunächst, ob § 13a Abs. 6 Nr. 4 ErbStG anwendbar ist, wenn das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung oder ein Schutzschirmverfahren durchgeführt wird. Das Regelinsolvenzverfahren ist gem. § 1 Abs. 1 S. 1 InsO darauf gerichtet, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners gem. § 159 InsO den Insolvenzverwalter verwertet und der Erlös nach § 199 S. 1 InsO verteilt wird. Dies geschieht regelmäßig durch Zerschlagung der insolventen Gesellschaft, d.h. durch Veräußerung ihrer wesentlichen Betriebsgrundlagen an mehrere Erwerber. Eine Insolvenz im Regelinsolvenzverfahren führt daher in der Regel zu einer Realisierung eines Auflösungsgewinns oder eben zu einem Auflösungsverlust i S. d. § 17 Abs. 4 S. 1 EStG durch die Gesellschafter.
Anders als das Regelinsolvenzverfahren wird mit dem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung nach den §§ 270 ff. InsO typischerweise das Ziel verfolgt, das Unternehmen zu sanieren und den Geschäftsbetrieb soweit wie möglich zu erhalten. Das Schutzschirmverfahren nach § 270d InsO ist eine besondere Variante des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung, das auf die zeitnahe Vorlage eines Insolvenzplans gerichtet ist. Damit wird im Fall eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung bei erfolgreicher Sanierung des Unternehmens kein Vermögen an die Gesellschafter ausgeschüttet. Daher kommt es regelmäßig auch nicht zur Entstehung eines Auflösungsgewinns oder -verlusts i.S. d § 17 Abs. 4 EStG. Aus diesem Grund fällt auch eine Steuer nach § 17 EStG nicht an, obwohl die Norm ihrem Wortlaut nach auf diesen Fall anwendbar ist.
Der Wortlaut des § 13a Abs. 6 Nr. 4 ErbStG trägt diesen unterschiedlichen Zwecken jedoch nicht Rechnung. Wenn das Gesetz einen Verstoß gegen die Behaltensfrist formal an die Auflösung einer Kapitalgesellschaft knüpft, zielt es damit in erster Linie auf das Regelinsolvenzverfahren ab. Der Gesetzgeber hat bei Einführung der Regelung eine Sanierung in der Insolvenz offenkundig nicht bedacht. Die starre Sanktionierung der Auflösung der Gesellschaft mit dem Vorliegen eines Behaltensfristverstoßes passt hier nicht, da bei einer erfolgreichen Sanierung der Gesellschaft im Insolvenzverfahren die formale Auflösung der Gesellschaft rückgängig gemacht wird. Die Auflösung der Gesellschaft ist daher bei erfolgreicher Sanierung und dem Erhalt des Geschäftsbetriebs lediglich ein Zwischenstadium. Damit ist die für eine teleologische Reduktion der Regelung erforderlich planwidrige Regelungslücke gegeben.
Bei der Durchführung eines Stabilisierungs- und Restrukturierungsverfahrens nach dem StaRUG liegt schon tatbestandlich kein Behaltensfristverstoß vor, da ein solches Stabilisierungs- und Restrukturierungsverfahren grundsätzlich nicht zur Auflösung der Gesellschaft führt. Zur Vermeidung eines Behaltensfristverstoßes nach § 13 Abs. 6 ErbStG kann sich daher die Durchführung eines Stabilisierungs- und Restrukturierungsverfahrens anbieten. Selbst wenn eine Sanierung nicht gelingt, wird dadurch im Fall der späteren Eröffnung eines Insolvenzverfahrens die Möglichkeit der Abschmelzung des gem. § 13a Abs. 6 S. 2 ErbStG nachzuversteuernden Betra...