Ist bereits ein Insolvenzantrag gestellt, bleibt wenig Raum für die vorstehend beschriebenen gestalterischen Lösungen. In diesem Fall sollte versucht werden, eine Billigkeitsentscheidung mit der Finanzverwaltung herbeizuführen. Nach § 163 AO bzw. § 227 AO kann aus Billigkeitsgründen eine abweichende Steuerfestsetzung oder Steuererhebung erfolgen. Die Festsetzung ist aus sachlichen Gründen unbillig, wenn sie zwar dem Wortlaut des Gesetzes entspricht, aber dessen Wertungen zuwiderläuft. Dies setzt voraus, dass der Gesetzgeber die Grundlagen für die Steuerfestsetzung anders als tatsächlich geschehen geregelt hätte, wenn er die zu beurteilende Frage als regelungsbedürftig erkannt und gerade nicht als atypischen Ausnahmefall ungeregelt gelassen hätte. Bei einer Unternehmensinsolvenz soll dies grundsätzlich nicht der Fall sein. Daneben können sich allenfalls persönliche Billigkeitsgründe aus den wirtschaftlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen ergeben, dessen wirtschaftliche Existenz das Steuerrecht nicht vernichten darf.
Tatsächlich existieren Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder, die Billigkeitsentscheidungen über eine Nachversteuerung nach § 13a Abs. 3 S. 5 ErbStG vorsehen, sofern die Mindestlohnsumme nach § 13 Abs. 3 S. 1 ErbStG ausschließlich aufgrund der Corona-Pandemie unterschritten wurde. Im Hinblick auf eine durch einen Behaltensfristverstoß ausgelöste Nachsteuer fehlen entsprechende Äußerungen der Finanzverwaltung allerdings. Grundsätzlich lässt sich die hinter der Billigkeitsregelung zu einer durch die Corona-Pandemie bedingten Unterschreitung der Mindestlohnsumme stehende Wertung auf eine durch die Corona-Pandemie bedingte Insolvenz übertragen. In beiden Fällen basiert der Verstoß gegen auf die Übertragung des Unternehmens folgende Pflichten nach § 13a ErbStG auf externen Effekten.
Es besteht weiterhin nach § 28 Abs. 1 ErbStG die Möglichkeit der Stundung. Gehört zum Erwerb von Todes wegen begünstigtes Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG, dann kann der Erwerber auf Antrag die darauf entfallende Erbschaftsteuer gem. § 28 Abs. 1 S. 1 ErbStG verteilt über einen Zeitraum von sieben Jahren entrichten. Nach § 28 Abs. 1 S. 2 ErbStG ist der erste Jahresbetrag ein Jahr nach der Festsetzung der Steuer fällig und bis dahin zinslos zu stunden. Für die weiteren Jahresbeträge sind nach § 28 Abs. 1 S. 3 ErbStG die §§ 234 und § 238 AO anzuwenden, wobei jedenfalls ab dem zweiten Jahr nach der Steuerfestsetzung eine Verzinsung mit ungünstigem Zinssatz von 0,5 % pro Monat anzuwenden ist. Über den Verweis auf § 234 Abs. 2 AO kann auf die Zinsen ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung unbillig wäre.
Die Steuerstundung kann ungeachtet der hohen Verzinsung jedenfalls aber bei Verzicht auf eine Verzinsung aus Billigkeitsgründen unter Liquiditätsgesichtspunkten im Einzelfall vorteilhaft sein, insbesondere wenn die Liquidität zur Steuerzahlung ansonsten aus dem Unternehmen entnommen werden müsste. Letztendlich dürfte eine bloße Stundung in wirtschaftlichen Krisensituationen aufgrund verbleibender Liquiditätsbelastungen angesichts der verschlechterten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aber in vielen Fällen nicht ausreichen, um die Fortführung des Unternehmens zu sichern und dabei schädliche Nachsteuerfolgen zu vermeiden. Erfolgt trotz zuvor gewährter Stundung ein Verstoß gegen die Behaltensvorgaben, dann endet die Stundung gem. § 28 Abs. 1 S. 5 ErbStG, wobei nach § 28 Abs. 1 S. 7 ErbStG für die durch den Verstoß ausgelöste Steuer gerade keine Stundung gewährt wird.