Anstatt eine Erblasserschuld zu konstruieren, sollte man die Pflegetätigkeit vielmehr in Form einer Erbfallschuld abgelten, die mit dem Erbfall entsteht und "den Erben als solchen" trifft, vgl. § 1967 Abs. 2 Alt. 2 BGB. Konkret wird hier die Einführung eines Pflegevermächtnisses vorgeschlagen, welches als gesetzliches Vermächtnis der Pflegeperson einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber den Erben verschafft. Hierdurch wäre man zum einen nicht länger an den begrenzten Adressatenkreis des § 2057a BGB gebunden und würde zum anderen die mit der Einführung einer Erblasserschuld verbundenen rechtssystematischen Probleme umgehen.
aa. Disponibilität des Pflegevermächtnisses
Unter den Vertretern, die sich für eine Vermächtnislösung aussprechen, ist man sich jedoch uneinig darüber, ob ein solches Pflegevermächtnis unabhängig vom erklärten Willen des pflegebedürftigen Erblassers entstehen sollte. Mitunter wird mit Hinweis auf die fehlende Schutzwürdigkeit des entgegenstehenden Erblasserwillens vorgeschlagen, das Pflegevermächtnis indisponibel auszugestalten. Die Testierfreiheit eines Erblassers, der trotz der empfangenen Pflegeleistungen die Pflegeperson nicht (zusätzlich) am Nachlass beteiligen wolle, habe schließlich keinerlei Schutz verdient, da das Grundgesetz das Ausnutzen anderer nicht unterstütze. Gegen diese Ansicht spricht allerdings, dass das Recht, bestimmte Personen ohne sachlichen Grund von der’Erbfolge auszuschließen bzw. Personen ohne ersichtlichen Grund letztwillig zu bedenken, zum Kernbereich der Testierfreiheit gehört. Ihre Grenzen findet diese Freiheit ausschließlich dort, wo der Erblasser nicht mehr eigenverantwortlich handeln kann sowie in den Fällen, in denen gleich- oder übergeordnete Rechtsgüter der Testierfreiheit entgegenstehen. Eine solche der Testierfreiheit übergeordnete Rechtsposition stellt etwa der Pflichtteil der gesetzlichen Erben dar, welcher dem Berechtigten einen Mindestanteil am Erblasservermögen zusichert und Grundrechtsschutz genießt. Die Aussicht auf eine Gegenleistung für die erbrachte Pflege ist demgegenüber kein anerkanntes Rechtsgut, welches der Testierfreiheit entgegenstehen könnte. Für enttäuschte Leistungserwartungen sieht das Zivilrecht vielmehr andere Ausgleichsmechanismen vor, wie etwa die Zweckverfehlungskondiktion aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. Daneben würde ein unabdingbares Vermächtnis auch in einem gewissen Widerspruch zu den übrigen gesetzlichen Vermächtnissen aus dem Erbrecht stehen, da der Erblasser sowohl den Voraus aus § 1932 BGB als auch den Dreißigsten aus § 1969 BGB abbedingen kann.
Will man familiäre Pflegeleistungen zukünftig durch ein gesetzliches Vermächtnis honorieren, erscheint es daher sinnvoll, ein solches Vermächtnis dispositiv auszugestalten. Hierdurch würde schlussendlich auch den Bedenken des Gesetzgebers begegnet, der durch die Einführung eines Pflegevermächtnisses die Testierfreiheit des pflegebedürftigen Erblassers gefährdet sah.
Wann genau von einem gewillkürten Ausschluss des Pflegevermächtnisses auszugehen ist, wäre im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln. Bestehen ernstzunehmende Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser die Pflegeperson über eine Erbeinsetzung hinaus begünstigen wollte, ihm dies aber aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht möglich war, dürfen die Pflegeleistungen nicht bereits durch eine letztwillige Verfügung als abgegolten gelten. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn zwischen der letztwilligen Verfügung und der Pflegebedürftigkeit des Erblassers ein längerer Zeitraum liegt und der Erblasser etwa demenzbedingt nicht mehr abweichend verfügen konnte. Demgegenüber wird ein über die Erbeinsetzung hinausgehender Begünstigungswille des Erblassers beispielsweise dort regelmäßig ausscheiden, wo die letztwillige Verfügung nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit erfolgt ist oder der Erblasser bei der Testamentserrichtung die Besserstellung des Angehörigen gegenüber den anderen Erben mit der Erwartung rechtfertigt, der Bedachte werde sich im Pflegefall sicher um ihn kümmern.