Entscheidet man sich für ein Pflegevermächtnis, so müsste auch dessen Verhältnis zum Pflichtteilsrecht geklärt werden. Für die geltende Ausgleichungslösung weist § 2316 Abs. 1 BGB dem Ausgleichungsberechtigten die Hälfte seines Ausgleichungserbteils zu, wenn er nicht als gesetzlicher Erbe berufen ist, aber einen Pflichtteil geltend machen kann. Maßgeblicher Kritikpunkt hieran ist, dass sich die Enterbung für den ausgleichungsberechtigten Abkömmling durch § 2316 Abs. 1 BGB doppelt negativ auswirkt. Der Abkömmling müsse schließlich nicht nur auf die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils, sondern zugleich auch auf die Hälfte der durch seine Sonderleistung bewirkten Steigerung des Nachlasswerts verzichten.
Etwas anderes könnte für das vorliegend favorisierte Pflegevermächtnis gelten. Hier könnte das (gesetzliche) Vermächtnis als schuldrechtlicher Anspruch grundsätzlich neben den Pflichtteilsanspruch der enterbten Pflegeperson treten. Soweit auch andere Personen pflichtteilsberechtigt sind, würden deren Pflichtteilsansprüche mit dem Vermächtnisanspruch der Pflegeperson konkurrieren, vgl. § 1967 BGB.
Fraglich ist jedoch, ob die pflichtteilsberechtigte Pflegeperson überhaupt noch als Pflegevermächtnisnehmer in Betracht kommt. Entscheidet sich der Erblasser dafür, die Pflegeperson zu enterben, wird man schließlich regelmäßig davon ausgehen können, dass er auch das (richtigerweise disponible) Pflegevermächtnis abbedingen wollte. Auch wenn die pflichtteilsberechtigte Pflegeperson damit noch schlechter stünde als im Rahmen der bestehenden Ausgleichungsvorschriften, ist dieses Ergebnis aufgrund der herausragenden Bedeutung der Testierfreiheit angemessen. Legitimiert man den Ausgleich für die erbrachten Pflegeleistungen nämlich u.a. mit dem mutmaßlichen Willen des Erblassers, darf der Nachlass dann gerade nicht belastet werden, wenn dies dem tatsächlichen Willen des Erblassers offensichtlich zuwiderläuft. Insofern gilt für das Pflegevermächtnis dasselbe wie für den Voraus aus § 1932 BGB, der als gesetzliches Vermächtnis nicht anfällt, wenn der Erblasser den Ehegatten enterbt oder abweichend von der gesetzlichen Erbfolge letztwillig bedenkt, vgl. § 1932 Abs. 1 BGB. Unter diesen Voraussetzungen geht man davon aus, dass der Erblasser die Vermögensnachfolge nach seinem Tod abschließend bestimmt hat und die Testierfreiheit den Interessen des Ehegatten vorgeht.
Führt die Enterbung direkt zum Wegfall des Pflegevermächtnisses, würde dieser Automatismus unter den potenziellen Pflegevermächtnisnehmern allein die gesetzlichen Erben treffen. Schließlich kann der Erblasser nur sie von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen. Bestimmt der Pflegebedürftige beispielsweise einen Jugendfreund zum Alleinerben, würde der pflichtteilsberechtigten Pflegeperson automatisch auch der Anspruch auf das Pflegevermächtnis genommen. Anders sähe dies etwa beim pflegenden Schwiegerkind aus, dem der Erblasser das Pflegevermächtnis schon ausdrücklich entziehen müsste. Das auf den ersten Blick ungerecht erscheinende Ergebnis ist jedoch letztendlich hinzunehmen, da die gesetzliche Erbfolge als solche u.a. mit dem mutmaßlichen Willen des Erblassers begründet wird. Weil auch der erbrechtliche Ausgleich für die erbrachten Pflegeleistungen mittels Pflegevermächtnisses maßgeblich durch den mutmaßlichen Erblasserwillen legitimiert werden müsste, ist es nur konsequent, dass man die beiden erbrechtlichen Privilegierungstatbestände in dem Moment aufgibt, in dem der tatsächliche Wille des Erblassers dem vermuteten Erblasserwillen offenkundig widerspricht.
Was das Verhältnis eines zukünftigen Pflegevermächtnisses zum Pflichtteilsrecht betrifft, bedarf jedoch nicht nur die Situation der enterbten Pflegeperson einer näheren Betrachtung. Auch was das Verhältnis des Pflegevermächtnisanspruchs zu den Pflichtteilsansprüchen des gesetzlichen Erben betrifft, gilt es das Konkurrenzverhältnis zu klären.
Hier ist zunächst zu beachten, dass nach geltender Rechtslage die Pflichtteilsgläubiger vorrangig vor den Vermächtnisnehmern zu befriedigen sind (vgl. § 327 Abs. 1 InsO und § 2318 BGB), was die Position der Pflegeperson erheblich beeinträchtigen würde und daher teilweise auch als Argument gegen die hier vertretene Pflegevermächtnislösung angeführt wird. Will man diesen Einwand entkräften, gilt es daher Lösungsmöglichkeiten zu erörtern, die trotz der gesetzlichen Rangfolge die Durchsetzbarkeit des Pflegevermächtnisses garantieren.
Eine mögliche Lösung könnte dabei eine Modifikation des Pflichtteilsrechts darstellen. Anstatt die Pflegeleistungen über § 2316 BGB bei der Pflichtteilsberechnung zu berücksichtigen, könnte man die Sonderleistungen auch im Rahmen von § 2315 BGB erfassen. Der Wert der Pflegeleistungen wäre hierfür – spiegelbildlich zu der von § 2315 Abs. 2 BGB eigentlich geregelten Anrechnung von Zuwendungen – zunächst vom Nachlasswert abzuziehen und anschließend aus diesem Wert der Pflichtteil als Bruchteil zu bestimmen. Für diesen Lösungsvors...