Schönenberg-Wessel (Hrsg.)
FamRZ-Buch 46
2023
462 Seiten, 74 EUR
Gieseking, ISBN 978-3-7694-1269-7
Die gesetzliche Erbfolge sowie testamentarische Gestaltungen bei Ehegatten spielen in der beratenden Praxis eine erhebliche Rolle. Denn letztwillige Verfügungen werden typischerweise gerade von solchen Erblasserinnen und Erblasser errichtet, die sich für ihre Hinterbliebenen verantwortlich fühlen. Diese Voraussetzung ist bei – insbesondere glücklich – verheirateten Menschen typischerweise erfüllt.
Sowohl für die gesetzliche Erbfolge als auch für die Gestaltung letztwilliger Verfügungen spielt neben dem 5. Buch des BGB (Erbrecht) auch das Familienrecht eine nicht zu unterschätzende Rolle. Insbesondere hat der Güterstand Auswirkungen auf das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten und damit auch auf den Umfang von Erb- und Pflichtteilsansprüchen weiterer Hinterbliebener. Daneben existieren auch vielfältige Bezüge zu weiteren Rechtsgebieten, insbesondere zum Steuerrecht und zum Sozialrecht.
Vor diesem Hintergrund hat es sich das Autorenteam um Herausgeber Ulf Schönenberg-Wessel zur Aufgabe gemacht, mit dem vorliegenden Werk einen grundsätzlichen Überblick zu diesen Fragestellungen vorzulegen. Dabei gelingt es den Verfassern, sich’tatsächlich auf die wesentlichen Aspekte zu konzentrieren und’der Versuchung zu widerstehen, den angestrebten Überblick durch übermäßige Detailvielfalt zu verstellen. Denn angesichts des begrenzten Umfangs kann es nicht darum gehen, alle denkbaren Fragen erschöpfend abzuhandeln. Wichtig ist es vielmehr, einen möglichst vollständigen Überblick über die praxisrelevanten rechtlichen (und steuerlichen) Problembereiche zu vermitteln und den Lesern eine Art Problembewusstsein zu vermitteln. Das gilt sowohl für die Gestaltungsberatung als auch im Hinblick auf die Beurteilung bereits eingetretener Erbfälle, beispielsweise hinsichtlich der Besteuerung, der internationalen Einordnung oder der haftungsrechtlichen Situation.
Zunächst widmet sich Plottek dem Ehegattenerbrecht nach dem BGB einschließlich der maßgeblichen pflichtteilsrechtlichen Aspekte. Dabei kommen auch die Besonderheiten in der Zugewinn-Ehe nicht zu kurz. Anschließend erläutert Schönenberg-Wessel die möglichen Grundstrukturen letztwilliger Verfügungen von Ehegatten und gibt Hinweise zum Umgang mit Sondersituationen wie beispielsweise im Bereich des sog. Behindertentestaments. Ruetten verhilft den Lesern zu einem gut verständlichen und detailreichen Überblick über die sowohl für die Gestaltungspraxis als auch die Beratung nach dem Erbfall äußerst praxisrelevanten Aspekte der Wechselbezüglichkeit und Bindungswirkung.
Die zunehmend auftretenden Fragen internationaler Schnittstellen erläutert Wolff nicht nur im Hinblick auf die EUErbVO, sondern auch bezüglich der EUGüVO, bevor sich Hahner mit den nach dem Erbfall relevant werdenden Fragen der taktischen Ausschlagung sowie der haftungsrechtlichen Aspekte einschließlich von Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten widmet. Einen Überblick über das Erbschaftsteuer- und Bewertungsrecht vermittelt das Kapital von Busch, einen über die relevanten familienrechtlichen Gesichtspunkte ein weiteres von Wolff. Sozialrechtliche Regressansprüche erläutert Kotte und das Bestattungsrecht (wieder) Busch.
Trotz stolzer 462 Seiten können angesichts der Vielfältigkeit des Themas nicht alle aufgezeigten Fragen und Problemstellungen abschließend beantwortet werden. Das kann aber auch nicht die Zielsetzung dieses Buchs sein. Es geht um den Blick für das große Ganze und – wie gesagt – das Problembewusstsein im Hinblick auf die vielfältigen Detailfragen.
Und das bietet das Werk. Die Autoren ermöglichen einen soliden Einstieg in die angesprochenen Themen. Und das in einem gut lesbaren Stil, der auch Beraterinnen und Beratern ohne erb- und familienrechtlichen Schwerpunkt einen sinnvollen Einstieg ermöglicht.
Dr. Christopher Riedel, LL.M., Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht
ZErb 10/2024, S. 396