I. Umfang der Befreiung bei Erwerben durch frühere Ehegatten/Lebenspartner
Die Befreiung des "Grundstückserwerbs" nach § 3 Nr. 5 und 5a GrEStG umfasst grds. alle Erwerbe i.S.d. § 1 GrEStG, also auch die "fiktiven" Grundstückserwerbe nach § 1 Abs. 2 bis 3a GrEStG. Nur soweit die Beteiligten nicht zum begünstigten Personenkreis gehören können, scheiden personenbezogene Befreiungen aus, z.B. Vereinigung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG, dazu noch unten B.VII.2.
II. Beteiligte der Vermögensauseinandersetzung
Die Befreiung nach § 3 Nr. 5 und 5a GrEStG greift grds. nur, wenn an dem Erwerbsvorgang die früheren Ehegatten/Lebenspartner beteiligt sind. Für die Anwendung des § 3 Nr. 5 und 5a GrEStG muss die Eigenschaft "früherer Ehegatte/Lebenspartner" im Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs (§ 23 GrEStG) vorliegen. Durch die Zusammenschau mit anderen Befreiungsvorschriften (sog. interpolierende Anwendung) kann es zur Erweiterung des Beteiligtenkreises kommen.
Beispiel
Der "neue" Ehemann“ kauft vom früheren Ehemann einen Miteigentumsanteil (Zusammenschau mit § 3 Nr. 5 GrEStG).
Zur Übertragung von Grundstücken auf Personengesellschaften, an denen die früheren Ehegatten beteiligt sind, siehe noch unten B.V.1 und 4.
III. Vermögensauseinandersetzung
Entgeltliche/teilentgeltliche Übertragungen inländischer Grundstücke oder bestimmter Beteiligungen mit inländischem Grundbesitz zwischen den früheren Ehegatten oder früheren Lebenspartnern sind gem. § 3 Nr. 5 oder 5a GrEStG nach der Scheidung (genau ab dem Tag des Eintritts der Rechtskraft) nur dann grunderwerbsteuerfrei, wenn sie im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung anlässlich der Scheidung/Aufhebung erfolgen. Entgeltliche und teilentgeltliche Übertragungen außerhalb einer Vermögensauseinandersetzung nach Scheidung unterliegen normal der GrESt.
Die Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung/Auflösung umfasst die Regelungen sämtlicher vermögensrechtlicher Beziehungen, die ihre Ursache in der Scheidung haben (also einen familienrechtlichen Hintergrund haben), insb. Ausgleich von Zugewinn, von Unterhalts- oder Versorgungsansprüchen, z.B. Übertragung eines Grundstücks zur Befriedigung einer Zugewinnausgleichsforderung. Bei der Auseinandersetzung einer Gütergemeinschaft zur Abfindung eines Unterhalts- und/oder Versorgungsanspruchs liegt ebenfalls ein "familienrechtlicher" Hintergrund vor.
Nicht zwingend erforderlich ist, dass das betroffene Grundstück schon zum Vermögen eines früheren Ehegatten/Lebenspartners gehört hat. Es kann auch erst ein Grundstück erworben werden und dann auf den anderen Ehegatten im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung grunderwerbsteuerfrei übertragen werden.
Die scheidungsbedingte Vermögensauseinandersetzung endet erst mit dem tatsächlichen Vollzug aller anlässlich der Scheidung getroffenen Auseinandersetzungsvereinbarungen. Sie endet dort, wo sich die geschiedenen Ehegatten wie fremde Dritte gegenübertreten, um einen Erwerb zu tätigen. Eine zeitliche Beschränkung ist in § 3 Nr. 5 und 5a GrEStG für die Vermögensauseinandersetzung zwar nicht vorgesehen. Ein langer Zeitraum zwischen Scheidung und Grundstücksübertragung kann jedoch darauf hindeuten, dass eine scheidungsbedingte Vermögensauseinandersetzung nicht mehr vorliegt.