8.1 Allgemeines
Bei Verfahren mit Verlassenschaftsabhandlung (Einantwortung) ist besonders hervorzuheben, dass alle potenziellen Parteien des Verlassenschaftsverfahrens verfahrensfähig sein müssen, und ein allfälliger Mangel der Verfahrensfähigkeit oder der gesetzlichen Vertretung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen ist (Vertretungsvorsorge durch das Gericht).
Jene Personen, die nach der Aktenlage als Erben in Betracht kommen, sind vom Gerichtskommissär zur Abgabe von Erbantrittserklärungen aufzufordern, wobei die Art der abgegebenen Erbantrittserklärungen den weiteren Verfahrensablauf bestimmt (Errichtung eines Inventars durch den Gerichtskommissär oder Vermögenserklärung des oder der Erben bzw. Übernahmerklärung des Staates bei erblosen Verlassenschaften).
Sind Erben und/oder Noterben (Pflichtteilsberechtigte) unbekannt oder bekannt, aber unbekannten Aufenthalts, ist vom Gerichtskommissär ein entsprechendes Edikt zu schalten.
Wurden Erbantrittserklärungen abgegeben, so besteht – innerhalb bestimmter Grenzen – das Recht der erbantrittserklärten Erben auf Benützung, Verwaltung und Vertretung der Verlassenschaft. Nach Erbringung der zur Einantwortung erforderlichen Nachweise der Parteien und einer allfälligen, grundsätzlich fakultativen Erbteilung erfolgt die Einantwortung der Verlassenschaft an die Erben durch das Gericht.
Bei verlassenschaftszugehörigen Liegenschaften kommt es nach Rechtskraft der Einantwortung – nach Vorliegen der entsprechenden steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung über die vollständige Entrichtung der Grunderwerbsteuer – zur Verbücherung des Verlassenschaftsergebnisses.
Um den Rahmen dieser Darstellung nicht zu sprengen, wird hier lediglich auf die Erbantrittserklärungen sowie deren vor allem haftungsrechtliche Folgen, die Benützung, Verwaltung und Vertretung der Verlassenschaft sowie die Einantwortung Bezug genommen werden.
8.2 Erbantrittserklärungen
Eine Erbantrittserklärung ist die gegenüber dem Verlassenschaftsgericht (Notar als Gerichtskommissär) abgegebene einseitige unwiderrufliche Erklärung,
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die Erbschaft anzunehmen (positive Erbantrittserklärung; Annahme der Erbschaft) oder |
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auszuschlagen (negative Erbantrittserklärung, Entschlagung). |
Die (positive) Erbantrittserklärung hat vor allem zu enthalten:
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den Erbrechtstitel (Erbvertrag/Testament/Gesetz), |
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die ausdrückliche Erklärung, die Erbschaft anzunehmen, |
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die ausdrückliche Erklärung, ob dies unbedingt oder bedingt (mit Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventars) geschieht, |
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die Erbquote (sofern dies im Zeitpunkt der Abgabe der Erbantrittserklärung möglich ist). |
Die Art der abgegebenen Erbantrittserklärung – unbedingt oder bedingt – hat entscheidende Auswirkungen auf die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten und ist für den weiteren Ablauf des Verlassenschaftsverfahrens maßgebend.
Bei Abgabe einer Erbantrittserklärung mit Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventars (bedingte Erbantrittserklärung) ist (vom Gerichtskommissär) zwingend ein Inventar zu errichten und sind von Amts wegen die Verlassenschaftsgläubiger einzuberufen.
Das Inventar dient als vollständiges Verzeichnis der Verlassenschaft und somit aller körperlichen Sachen und aller vererblichen Rechte und Verbindlichkeiten des Verstorbenen und ihres Wertes im Zeitpunkt seines Todes.
Bewegliche Sachen sind grundsätzlich mit dem Verkehrswert zu bewerten; der Bewertung von Hausrat, Gebrauchsgegenständen und anderen beweglichen Sachen offensichtlich geringen Wertes können jedoch die unbestrittenen und unbedenklichen Angaben aller Parteien zugrunde gelegt werden, wenn nicht der Gerichtskommissär oder das Gericht Bedenken gegen diese Bewertung haben oder das Interesse eines Pflegebefohlenen oder andere besondere Umstände die Beiziehung eines Sachverständigen erfordern.
Unbewegliche Sachen sind grundsätzlich mit dem dreifachen Einheitswert zu bewerten, sofern nicht eine Partei eine Bewertung nach dem Liegenschaftsbewertungsgesetz beantragt ("Verkehrswertfeststellung") oder dies im Interesse eines Pflegebefohlenen erforderlich ist.
Schulden sind mit ihren ziffernmäßigen Rüc...