Leitsatz
Die Durchführung der Bestattung ist eine im besonderen öffentlichen Interesse gelegene Rechtspflicht. Dementsprechend kann auch die Übernahme von Bestattungskosten eine im besonderen öffentlichen Interesse liegende Pflicht darstellen, wenn erst dadurch die zeitgerechte Durchführung der Bestattung ermöglicht wird. Die bloße Begleichung einer Rechnung liegt hingegen nicht im besonderen öffentlichen Interesse. Anders als bei der umstrittenen Frage, ob die Begleichung von fremden Steuerschulden unter § 679 BGB fällt, lässt sich bei den Bestattungskosten nicht argumentieren, dass durch die Vielzahl der Zahlungsrückstände das Allgemeinwohl nicht unwesentlich, sondern erheblich beeinträchtigt werde.
LG Bonn, Urteil vom 12. August 2009 – 5 S 43/09
Sachverhalt
Die Parteien streiten über die Erstattung von Beerdigungskosten. Die – von Person unbekannten – Kläger sind die Rechtsnachfolger des zwischen dem 16.1. und 21.1.2008 verstorbenen Herrn V. und werden durch den gerichtlich bestellten Nachlasspfleger vertreten. Die Beklagte ist die Bank, bei der der Erblasser bis zu seinem Tod ein Girokonto unterhielt.
Mit Schreiben vom 23.1.2008 informierte die Stadt M. die Beklagte über den Tod des Erblassers. Sie übersandte die Bankkarte zum Girokonto, erklärte, dass die Bestattung durch das Ordnungsamt veranlasst werde und gab an, dass die Kosten sich auf "ca. 1.190 EUR" belaufen würden. Sie bat die Beklagte, das Konto aufzulösen und ein eventuelles Guthaben auf ein Konto der Stadt zu überweisen. Daraufhin kehrte die Beklagte das zum Todeszeitpunkt bestehende Guthaben in Höhe von 514,60 EUR an die Stadt M. aus.
Dieser Betrag ist Gegenstand der Klage. Die Kläger begehren die Herauszahlung des Betrags aus dem Girovertrag. Sie meinen, die Auszahlung an die Stadt M. sei unberechtigt erfolgt. Außerdem habe noch überhaupt keine Schuld der Kläger zur Begleichung der Bestattungskosten bestanden, da diese nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften durch Verwaltungsakt festzusetzen seien. Schließlich seien den Klägern durch die Auskehrung ohne ein Verwaltungsverfahren Einwendungen abgeschnitten worden. Insbesondere hätten sie die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses erhoben, da vorrangig die Kosten der Nachlasspflegschaft aus dem ansonsten mittellosen Nachlass zu begleichen gewesen wären. Daher sei die Auszahlung auch nicht im Interesse der Kläger gewesen.
Demgegenüber wendet die Beklagte ein, dass die Zahlung die Kläger von einer unstreitigen Verbindlichkeit befreit habe. Die Zahlung sei daher als berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag einzustufen. Jedenfalls seien die Kläger in Höhe des Zahlbetrags bereichert. Vorsorglich hat die Beklagte die Aufrechnung mit sämtlichen ihr zustehenden Ansprüchen gegen den Nachlass erklärt.
Das Amtsgericht hat die Klageforderung mit Ausnahme der Nebenforderung zugesprochen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Beklagte eine ihr etwaig zustehende Gegenforderung jedenfalls nicht in banküblicher Weise erlangt habe, sodass eine Verrechnung mit der Guthabenforderung des Kunden nicht zulässig gewesen sei. (...)
Aus den Gründen
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Amtsgericht hat die Beklagte zu Recht zur Auskehrung des zum Zeitpunkt des Todes bestehenden Kontoguthabens verurteilt. Denn das Kontoguthaben besteht noch und die Beklagte hat keine aufrechenbaren Gegenansprüche.
1. Die Kläger können als Rechtsnachfolger des Erblassers gern. § 1922 BGB in Verbindung mit dem Girovertrag die Auszahlung des Kontoguthabens fordern. Das Kontoguthaben ist nicht durch die Auszahlung, des streitgegenständlichen Betrags an die Stadt M. gemindert worden. Insoweit ist der Beklagten kein Auftrag von einem Berechtigten des Kontos erteilt worden. Die bloße Übersendung der Bankkarte durch die Stadt M. führte nicht dazu, dass die Bitte auf Auskehrung des Kontoguthabens berechtigt gewesen wäre. Die Kläger haben als Rechtsnachfolger des Erblassers keinen Auftrag und keine Genehmigung für die Überweisung erteilt.
2. Der Beklagten stehen auch keine Gegenansprüche zu, mit denen sie die Aufrechnung erklären könnte.
a) Ein Gegenanspruch ergibt sich nicht aus Ziff 14 Abs. 2 der AGB der Beklagten. Nach dieser Regelung soll das Pfandrecht der Beklagten am Kontoguthaben zur Sicherung aller Ansprüche gegen den Kontoinhaber dienen. Indes setzt diese Regelung erst das Bestehen eines Anspruchs voraus, begründet ihn aber nicht.
b) Ein Gegenanspruch ergibt sich auch nicht aus den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag. Ein Anspruch folgt nicht aus den §§ 677, 679, 683 BGB, da die Auskehrung des Kontoguthabens ohne Zustimmung der Kontoinhaber nach Auffassung der Kammer keine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag darstellte. Die Berechtigung einer Geschäftsführung ohne Auftrag bestimmt sich danach, ob die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht, § 683 BGB. Das Interesse des Geschäftsherrn ist an Hand der konkreten Sachlage im Einzelfall nach der ob...