Die vorherigen Fälle werden dahin abgeändert, dass die Ehegatten in einer Eigentumswohnung lebten, die nur zur Hälfte dem Erblasser, zur anderen Hälfte aber dem überlebenden Gatten gehört. Gesetzliche Erben sind neben dem Gatten zwei Kinder des Erblassers aus erster Ehe. Der Nachlass ist hinsichtlich der Konten und des Bargelds auseinandergesetzt. Die Witwe wohnt weiter in der Wohnung ohne dass eine ausdrückliche Abmachung darüber getroffen worden wäre. Die Kinder nahmen es einfach – sich neutral verhaltend – hin. Nun fragen die Kinder an, ob sie von der Witwe für die Vergangenheit Nutzungsentschädigung verlangen können, und zwar für die Wohnung und für das Mobiliar, was hälftig dem Erblasser gehört hatte. Für die Zukunft wollen sie den Punkt natürlich auch geregelt wissen. § 2038 Abs. 2 BGB verweist auf § 743 BGB, der in Abs. 2 bestimmt, dass jeder Teilhaber zum Gebrauch insoweit befugt ist, als nicht der Mitgebrauch der anderen beeinträchtigt wird. Rißmann (Damrau/Rißmann, Praxiskommentar Erbrecht, 2004, § 2038 Rn 35) kommentiert dies zutreffend dahingehend, dass § 743 BGB nur das Maß des Gebrauchs regelt, das Recht dazu aber voraussetzt. Eine Regelung des Gebrauchs erfolgt durch Mehrheitsbeschluss gem. §§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 1 BGB. Wie so oft haben wir ein Patt: die Kinder mit je einer Stimme sind für eine Benutzung gegen Entschädigungszahlungen, die Witwe mit zwei Stimmen will den Gebrauch kostenfrei.
Darf die Witwe überhaupt mitstimmen, ist es doch ihre eigene Angelegenheit? Das Gesetz schweigt; deshalb zieht man § 34 BGB, § 47 GmbHG analog heran: Die Witwe darf in eigner Angelegenheit nicht mitstimmen (MüKo/Schmidt, BGB, 5. Aufl., § 745 Rn 20). Nehmen wir also an, dass eines der Kinder die Partei für die Witwe ergreift, das andere nicht. Beenden kann man den Streit am besten wohl durch Pfandverkauf des Mobiliars und Teilungsversteigerung der Wohnung. Man kann aber auch auf Zustimmung zu einer Nutzungsüberlassung gegen Entgelt klagen, weil dies – und nicht die kostenfreie Nutzung – der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht. § 745 Abs. 2 BGB bestimmt, dass bei einem Fehlen eines Mehrheitsbeschlusses "eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Benutzung verlangt" werden kann.
Verklagt wird das eine Kind von dem anderen auf Zustimmung zur Benutzung von Wohnung und Mobiliar seitens der Witwe gegen Zahlung einer bestimmten Summe (Damrau/Rißmann aaO § 2038 Rn 44).
Die Nutzungsentschädigung darf im Klagantrag nicht gemäß den Anteilen der Kinder aufgeteilt werden. Beispiel: Der Nettomietwert der Wohnung betrüge 1.000 EUR. Die Hälfte der Witwe wären 500 EUR. Die andere Hälfte würde der Witwe als Miterbin zu 1/2 und jedem der Kinder zu 1/4 (= 125 EUR) gebühren. Also keine Klage gegen die Witwe auf Zahlung von je 125 EUR an jedes Kind! Nach § 2038 Abs. 2 S. 2 BGB erfolgt nämlich die Teilung der Früchte erst bei der Auseinandersetzung, es sei denn die Auseinandersetzung wäre für längere Zeit als ein Jahr durch den Erblasser oder durch eine Vereinbarung aller Miterben ausgeschlossen worden (vgl. § 2038 Abs. 2 S. 3 BGB). Nur im Einvernehmen aller Miterben, also auch der Witwe, kann eine Aufteilung vorgenommen werden. Also ist die gesamte Entschädigung für die Nutzung des Anteils des Erblassers an der Wohnung, auf das Gemeinschaftskonto der Miterbengemeinschaft zu zahlen. Daraus sind auch die auf den Anteil des Erblassers entfallenden Kosten (Versicherungen, Grundsteuer) zu zahlen.
Die Zustimmungsklage ist noch kein Titel hinsichtlich der Zahlungspflicht. Es ist dieserhalb an eine Klage auf wiederkehrende zukünftige Leistung zu denken (§§ 257 ff. ZPO). Zulässig ist solche Klage, wenn die Zahlung von keiner "Gegenleistung" abhängig ist. Nutzungsentgelte werden nicht als Gegenleistung im Sinne von § 257 ZPO angesehen (vgl. MüKo/Becker-Eberhard, ZPO, 3. Aufl. § 257 Rn 9). Ob man in der erzwungenen Zustimmung nun eine Vereinbarung über eine Gegenleistung sieht, erscheint zweifelhaft; ich möchte das verneinen.
Die Frage liegt nahe: Was passiert, wenn das Gericht einen geringeren monatlichen Betrag als von den Klägern beantragt für angemessen hält: Wird dann die Klage als Ganzes abgewiesen oder wird die angemessene geringere Nutzungsentschädigung zugesprochen?
§ 745 Abs. 2 BGB erlaubt eine Änderung unbilliger Regeln; das Gericht darf aber nicht auf eine interessengerechte Regelung nach seinem Ermessen erkennen (Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., § 745 Rn 12; BGH NJW 1993, 3326, 3327). Es wird also den Klagantrag nur dann abweisen, wenn es die verlangte monatliche Summe für unbillig erachtet.
Wie ist über eine Nachforderung hinsichtlich der Vergangenheit zu befinden? Die wohl hM sagt, dass Zahlung erst von dem Zeitpunkt an verlangt werden kann, für den die berechtigte Vergütung erstmals gefordert wurde (vgl. Rißmann/Damrau aaO § 2038 Rn 36; MüKo/Schmidt aaO § 745 Rn 36). Schaut man die in den gängigen Kommentaren zitierte Rechtsprechung näher an, so betreffen die Entscheidungen ausnahmslos (Ausnahme BGH ...