Andreas Richter/Thomas Wachter (Hrsg.)
zerb verlag, Bonn, 1. Auflage 2007, 1.569 Seiten, gebunden incl. CD-ROM, 128,– EUR
Es gibt Fachbücher, für die lohnt sich auch einige Jahre nach ihrem Erscheinen noch eine Buchbesprechung. Das Handbuch des internationalen Stiftungsrechts ist so ein Fachbuch. Man kann es als Berater nicht übersehen: Stiftungen werden in der gehobenen Beratungspraxis zunehmend wichtig. Das Handbuch gibt einen deutlich praxisbezogenen Überblick über wesentliche Fragen des Stiftungswesens im In- und Ausland. Die beiden Herausgeber, die wir seit Jahren als ausgewiesene Stiftungsfachleute und Wissenschaftler kennen, haben als Mitautoren kenntnisreiche Praktiker gewinnen können.
Natürlich kann ich hier nicht eine Einzelkritik zu verschiedenen Beiträgen vornehmen, aber ich möchte dem geneigten Leser doch einen Eindruck von diesem wirklich guten Buch geben. Das Buch hat eigentlich nur einen "Fehler": Sein Titel ist irreführend. Es behandelt neben dem "internationalen" Stiftungsrecht (sprich: neben den nationalen Stiftungsrechten aus 20 Ländern) in dem vorangestellten "allgemeinen Teil" das nationale deutsche Stiftungsrecht und verschiedene übernationale/internationale Fragen im Zusammenhang mit Stiftungen (S. 1–671).
Im allgemeinen Teil behandeln die Autoren – auch die Herausgeber haben umfangreich und wie immer profund zur Feder gegriffen – die Errichtung von Stiftungen, Fragen der Besteuerung, der Vermögensanlage, die in Zeiten knapper Verzinsungen immer wichtiger werden, und auch Fragen des Stiftungsmanagements. Die Darstellung umspannt also das ganze Leben einer Stiftung. Sie mag als etwa ungeordnet erscheinen (in dieser Richtung Jakob, Universität Zürich, in ZEV 2007, H. 9, S. X: "etwas amorph"). Ich möchte mich dieser Kritik aber ausdrücklich nicht anschließen, sondern freue mich aus Sicht der Praxis über die Vielfalt der Themen, die uns die Autoren bieten – und das zu einem erfreulich günstigen Preis. Beispiele: Motive und Ziele von Stiftern, Philanthropie und Family Office, Foundation Governance Kodex, Stiftungsmanagement in den USA und Europa, Rechnungslegung von Stiftungen, Strategische Vermögensanlage von Stiftungen, steuerliche Behandlung von Stiftern und Stiftungen und z. B. nationales Gemeinnützigkeitsrecht und Europarecht (ein Dauerthema). Auch Spezialfragen wie die der Erbersatzsteuer bei der Familienstiftung werden ausführlich behandelt (Wachter, § 22. Zur Erbersatzsteuer sind inzwischen aktuelle Urteile ergangen FG Berlin-Brandenburg, Az 14 K 5016/03 B, und BFH, Az II R 46/07).
In den Länderberichten (S. 673–1521), die dann doch den Schwerpunkt des Fachbuches ausmachen, wird das nationale Stiftungszivilrecht und -steuerrecht von 19 Ländern mit jeweils einer Mustersatzung dargestellt. Länderberichte: Belgien, Dänemark, Deutschland, England, Frankreich, Griechenland, Israel, Italien, Kanada, Liechtenstein, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien, Türkei und USA. Solche Länderberichte können immer nur eine Momentaufnahme sein (so auch die Herausgeber in ihrem Vorwort) und es ist einzuräumen, dass das Buch nur den Stand von Anfang 2007 hat. Es bietet aber in der Fülle erstmalig einen solchen stiftungsrechtlichen Überblick zu den einzelnen Ländern für die Praxis fernab der wissenschaftlichen Rechtsvergleichung, die sich in Habilschriften und in Festschriften versteckt und zudem oftmals die Praxis aus den Augen verliert, weil der Verfasser eben auch gar nicht über Praxiserfahrungen verfügt. Die Länderberichte geben einen guten Einstieg, der tatsächlich im Ernstfall ohnehin mit einem Praktiker vor Ort vertieft und aktualisiert werden muss, wie jeder weiß, der einmal international rechtsbegleitend tätig gewesen ist.
Das Konzept der Herausgeber und Autoren hat mich überzeugt. Das Buch steht immer griffbereit in der Nähe meines Schreibtisches. Besten Dank an die Kollegen Richter und Wachter und an deren Mitautoren. Ich möchte höflich um eine zweite Auflage bitten. Dazu sei eine kleine Anregung gestattet: Die Länderberichte könnten in einem mit Kennwort geschützten Bereich im Internet bereitgestellt werden, was ggf. eine schnellere Anpassung der jeweiligen "Momentaufnahme" erlauben und den Aufwand für den Buchdruck deutlich herabsetzen würde und so dem Verlag eine Neuauflage erleichtern könnte. Die beigelegte CD-ROM enthält umfangreiche Materialien zum ausländischen und internationalen Stiftungsrecht. Auch der Aufwand für eine CD ließe sich sparen, wenn man die Inhalte (geschützt) ins Internet stellen würde.
Dr. K. Jan Schiffer, Rechtsanwalt, Bonn