Der BGH definiert die vorweggenommene Erbfolge in ständiger Rechtsprechung als "Übertragung von Vermögen (oder eines wesentlichen Teils davon) unter Lebenden vom künftigen Erblasser auf eine oder mehrere als künftige Erben in Aussicht genommene Personen".[20]

Ungeachtet der später noch näher zu beleuchtenden Frage, ob hier nur der gesetzliche oder auch der gewillkürte Erbe als "in Aussicht genommen" gilt[21] (oder gar ein noch weiterer Personenkreis), enthält die Definition mit der Nennung des Vermögensempfängers allenfalls ein, keinesfalls jedoch hinreichendes Merkmal der sich hinter dem Konzept vorweggenommener Erbfolge verbergenden Gestaltungsmöglichkeiten: Denn nicht jede gewöhnliche lebzeitige Vermögensübertragung des zukünftigen Erblassers an den "in Aussicht genommenen" Erben stellt per se ein Geschäft in vorweggenommenen Erbfolge dar:[22] Der Gesetzgeber hat dies im Zuge der Reform des § 13 a ErbStG aF (StÄndG 2001) bestätigt, als er den vom BFH eng ausgelegten Begriff der "vorweggenommenen Erbfolge" durch den weiter verstandenen Begriff der "Schenkung unter Lebenden" ersetzt hat.[23]

Welches aber ist dann das prägende Element der vorweggenommenen Erbfolge, wenn die Definition des Kreises der Beteiligten alleine nicht hinreicht?

[20] BGH, Urt. v. 27.01.2010, IV ZR 91/09, ZEV 2010, 190, 191; Urt. v. 1.2.1995, IV ZR 36/94, ZEV 1995, 265; Urt. 30.01.1991,IV ZR 299/89, NJW 1991, 1345; Scherer/Kögel, aaO (Fn 14), § 40, Rn 128. In der Literatur wird teilweise auch nur vom "vermutlichen" Erben gesprochen, so z. B. bei Tanck, aaO (Fn 1), S. 88 mN auf Kipp/Coing.
[21] Str., vgl. mN Obermeier, Vorweggenommene Erbfolge und Erbauseinandersetzung, 2. Aufl, 1995, Rn 1; offengelassen bei Mayer, DNotZ, 1996, 604, 611.
[22] Vgl. treffend BGH, Urt. 12.10.1988, IVa ZR 166/87, FamRZ 1989, 175 ("weil der Erblasser [...] nicht schlicht weggeschenkt [...], sondern [...] “im Wege der vorweggenommenen Erbfolge‘ [...] zugewendet hat."); ebenso BFH, Urt. v. 25.1.2001, II R 52/98, NJW 2001, 1967.
[23] Vgl. hierzu auch bei und die Nachweise in Fn 10 f.

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