1. Erbrechtlich determinierter Beteiligtenkreis
Der BGH definiert die vorweggenommene Erbfolge in ständiger Rechtsprechung als "Übertragung von Vermögen (oder eines wesentlichen Teils davon) unter Lebenden vom künftigen Erblasser auf eine oder mehrere als künftige Erben in Aussicht genommene Personen".
Ungeachtet der später noch näher zu beleuchtenden Frage, ob hier nur der gesetzliche oder auch der gewillkürte Erbe als "in Aussicht genommen" gilt (oder gar ein noch weiterer Personenkreis), enthält die Definition mit der Nennung des Vermögensempfängers allenfalls ein, keinesfalls jedoch hinreichendes Merkmal der sich hinter dem Konzept vorweggenommener Erbfolge verbergenden Gestaltungsmöglichkeiten: Denn nicht jede gewöhnliche lebzeitige Vermögensübertragung des zukünftigen Erblassers an den "in Aussicht genommenen" Erben stellt per se ein Geschäft in vorweggenommenen Erbfolge dar: Der Gesetzgeber hat dies im Zuge der Reform des § 13 a ErbStG aF (StÄndG 2001) bestätigt, als er den vom BFH eng ausgelegten Begriff der "vorweggenommenen Erbfolge" durch den weiter verstandenen Begriff der "Schenkung unter Lebenden" ersetzt hat.
Welches aber ist dann das prägende Element der vorweggenommenen Erbfolge, wenn die Definition des Kreises der Beteiligten alleine nicht hinreicht?
2. Vorweggenommene Hoferbfolge – Vorverlagerung der Erbfallwirkung
Hier lohnt nun ein genauerer Blick auf den "Urtyp" der vorweggenommenen Erbfolge: Der Begriff taucht legislativ betrachtet erstmals 1947 in der Höfeordnung, namentlich in § 7 I 2. Alt. HöfeO auf. Er beschreibt dort eine lebzeitige Sonderrechtsnachfolge, bei der – und das ist das Besondere – in einer bestimmten Konstellation, nämlich der Hofweitergabe an einen Abkömmling, Erbfallwirkungen kraft Gesetzes vorverlagert werden, § 17 II HöfeO.
Im Zentrum steht hier die etwa auch im allgemeinen Erbteilungsrecht, §§ 2050 ff BGB, zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Annahme einer vom Erblasser gewollten Gleichbehandlung von Abkömmlingen. Dieser im Höferecht bzgl. des Wertansatzes rechtspolitisch konsistent zu den §§ 2049, 2312 BGB modifizierte Grundsatz führt im Falle der Hofübergabe an einen Abkömmling gem. den §§ 17 I, II iVm 12 I HöfeO zur unmittelbaren Abfindungspflicht des Hofnachfolgers gegenüber den bzgl. des Hofvermögens weichenden Abkömmlingen – und nur gegenüber diesen. Die Ausgleichung von Vorempfängen, die nach den allgemeinen Regeln erst nach dem Erbfall im Rahmen der Erbauseinandersetzung erfolgt (§§ 2050 ff BGB), wird im Falle des § 17 II HöfeO in Gestalt der Abfindungsregelung mithin vorverlagert: Es findet in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Hofübergabe, also bereits zu Lebzeiten des Erblassers, eine gesetzlich angeordnete, sachlich begrenzte Teilerbauseinandersetzung mit Ausgleichszahlung an die bezüglich des Hofvermögens weichenden Miterben statt.
Diese Erbfallfiktion wurde schon früh als "rechtssystematisch problematisches (...) Kunstprodukt des Gesetzgebers" kritisiert, das "sich keinesfalls als verbreitetes früheres landesrechtliche[s] Gedankengut darstellt". Ebenso wird man feststellen können, dass sie sich als lex specialis sicher nicht auf andere Verträge vorweggenommener Erbfolge übertragen lässt.
Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Gesetzgeber die vorweggenommene Erbfolge bereits bei ihrer ersten Kodifikation als ein mit gewisser Erbfallwirkung ausgestattetes Rechtsgeschäft unter Lebenden verstanden hat: Die Besonderheit im Hoferbrecht ist also "nur" die Vorverlagerung der Wirkungen bei Übertragung an einen Abkömmling.