Zugleich Anmerkung zu OLG Frankfurt am Main vom 15. Oktober 2010 – 4 U 134/10
Einführung
Die Zulässigkeit einer Testamentsvollstreckung, wenn Erbe oder Vermächtnisnehmer eine Stiftung ist, beschäftigt seit geraumer Zeit die Literatur. Bewegung in diese Thematik ist durch eine jüngere Entscheidung des OLG Frankfurt am Main gekommen. In diesem Urteil setzt sich das OLG (im Rahmen der Prüfung von § 2217 Abs. 1 BGB) insbesondere mit der Frage auseinander, ob für das Stiftungsvermögen Dauertestamentsvollstreckung angeordnet werden kann, wenn es sich bei der Stiftung um eine nach § 83 BGB auf den Todesfall errichtete Stiftung handelt.
I. Einleitung
Bei der Frage, ob der Erblasser für das Stiftungsvermögen Testamentsvollstreckung anordnen kann, wird vielfach ein Widerspruch institutioneller Art gesehen. So sei nach der Konstituierung der Stiftung als Abwicklung der Erblasseranordnungen für eine weitergehende Tätigkeit des Testamentsvollstreckers im Sinne einer Verwaltung des Stiftungsvermögens kein Raum mehr. Eine Dauerverwaltung gemäß § 2209 BGB müsse mithin bei der Stiftung ausscheiden. Fast durchgängig werden für diese Ansicht der Beschluss des KG vom 21.10.1915 sowie das Urteil des BGH vom 22.1.1964 als Belege herangezogen.
Bei genauerer Betrachtung ergibt sich aber, dass in diesen Entscheidungen gerade nur die zeitlich unbegrenzte Ausdehnung von Testamentsvollstreckeraufgaben, wie etwa der Mitarbeit bei Satzungsänderungen, im Rahmen der Testamentsvollstreckung bei Stiftungen ausgeschlossen wird.
So drückt die Entscheidung des KG lediglich aus, dass eine Dauervollstreckung nicht während des gesamten Bestehens der Stiftung fortdauere, sondern an die zeitliche Grenze des § 2210 BGB gebunden sei. In dem Fall, den der BGH zu entscheiden hatte, stellte sich die Frage, ob Maßnahmen der Abwicklungsvollstreckung bei der Stiftung zulässig sind, wenn sie, wie bei der Dauervollstreckung, keiner Erledigung durch Eintritt eines Ereignisses unterliegen, aber die zeitlichen Grenzen des § 2210 BGB, der nur auf die Dauertestamentsvollstreckung Anwendung findet, nicht gelten.
Gegen die grundsätzliche Zulässigkeit einer dauernden Verwaltung des Stiftungsvermögens durch den Testamentsvollstrecker im Sinne des § 2209 BGB, die den zeitlichen Grenzen des § 2210 BGB unterliegt, sprechen die Entscheidungen also gerade nicht.
Vor allem aber wird gegen die Dauerverwaltung durch einen Testamentsvollstrecker ins Feld geführt, dass sie zur völligen Aushöhlung der Stiftungsautonomie sowie zur Umgehung staatlicher Aufsicht führe.
In dem bereits angesprochenen aktuellen Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 15.10.2010 wird dies ebenfalls vertreten. Hier begehrte ein Testamentsvollstrecker die Feststellung, dass er nicht verpflichtet sei, einer letztwillig errichteten Stiftung das ihr zugewandte Vermögen nach § 2217 Abs. 1 BGB zu überlassen. Dem erteilte der Senat aufgrund der besonderen Gestaltung des Falles mit obiger Begründung eine Absage. Nach dem maßgeblichen hessischen Stiftungsrecht sei für die – durch letztwillige Verfügung errichtete – Stiftung unabdingbar, dass der Vermögensstock vom Vorstand der Stiftung eigenverantwortlich verwaltet werde. Deshalb müsse der Testamentsvollstrecker mit Anerkennung der Stiftung die Verfügungsbefugnis über den als Stiftungsvermögen zugewendeten Teil des Nachlasses der Stiftung überlassen. Bei einer Stiftung von Todes wegen könne eine Dauertestamentsvollstreckung für die Verwaltung des Nachlasses nicht angeordnet werden, da andernfalls das Verwaltungsrecht der Stiftungsorgane und die Kontrolle durch die Stiftungsaufsicht umgangen würden.
Darüber hinaus lag dem Fall die Besonderheit zugrunde, dass zugunsten eines Dritten ein Nießbrauchsvermächtnis am Nachlassvermögen angeordnet war, sodass nach Ansicht des OLG die Anerkennung der Stiftung ohne Umwandlung des Nießbrauchs- in ein Rentenvermächtnis hätte scheitern müssen, da der Stiftung andernfalls die für den Stiftungszweck existenziellen Vermögenserträge nicht zur Verfügung gestanden hätten. Durch Zustimmung zur Satzungsänderung, mit der das testamentarisch angeordnete Nießbrauchsvermächtnis in ein Rentenvermächtnis umgewandelt wurde, habe der Testamentsvollstrecker gleichsam der Verwaltungsbefugnis des Stiftungsvorstands entsprochen.
Unabhängig von der durch das Gericht selbst vorgenommenen – leider nicht veröffentlichten – Einschränkung, dass "soweit ein Anspruch auf Freigabe aus § 2217 Abs. 1 BGB angenommen wurde", die Entscheidung "auf der besonderen Gestaltung des Falles" beruht, soll nachfolgend aufgezeigt werden, dass Testamentsvollstreckung über das letztwillig zugewendete Vermögen von Stiftungen sehr wohl möglich und in bestimmten Konstellationen sogar sinnvoll ist.