2.1 Grundlagen
Wer als Erbe ein zum Nachlass gehörendes Handelsgeschäft fortführt, haftet nach § 25 Abs. 1 HGB für alle im Betrieb begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. Dieser haftet weiter, arg. § 26 HGB, weshalb der Erbe auch als solcher persönlich in Anspruch genommen werden kann, §§ 1922, 1967 BGB. Es entsteht ein Schuld mit doppeltem Haftungsobjekt. Für die beiden Haftungsansätze gelten aber unterschiedliche Regeln. Während die erbrechtliche Haftung gemäß §§ 1975 ff BGB auf den Nachlass beschränkbar ist, trifft den Fortführer die handelsrechtliche Haftung unbeschränkt. Die erbrechtlichen Beschränkungsmöglichkeiten finden insoweit keine Anwendung.
2.2 Änderung der Firma
Fall 1 (Änderung der Firma): Erblasser E betrieb als Einzelkaufmann ein Spielwarengeschäft unter der Firma "Spielwaren E.". Erbe X führt es unter dem Namen "Babajaga" weiter. Die Änderung des Briefpapiers und der Namensschilder nimmt allerdings sechs Wochen in Anspruch. Kann Lieferant L, dem E noch Bezahlung einer Lieferung schuldete, den X in Anspruch nehmen?
Lösung Fall 1: Das HGB kennt den Begriff des Einzelunternehmens nicht. Es unterscheidet lediglich danach, ob eine einzelne Person ein Handelsgewerbe (§ 1 HGB) betreibt oder ein sonstiges gewerbliches Unternehmen, das entsprechend den Möglichkeiten des § 2 HGB in das Handelsregister einzutragen ist.
Nach 22 Abs. 1 HGB geht das HGB davon aus, dass ein Einzelunternehmen (einzelkaufmännisches Unternehmen) als Gesamtheit von Aktiva und Passiva vererblich ist. Folglich fällt das Einzelunternehmen im Zeitpunkt des Erbfalls als Sachgesamtheit in den Nachlass, nimmt an der erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB teil und wird von dem oder den Erben fortgeführt. Dabei bildet § 27 Abs. 1 HGB eine eigenständige Haftungsgrundlage neben den erbrechtlichen Regeln, wenn die bisherige Firma mit oder ohne Beifügung eines Nachfolgevermerks fortgeführt wird.
Daraus folgt, dass die erbrechtlich bestehenden Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten (vgl. 1975 ff BGB, 780 ff ZPO) bei Fortführung eines Einzelunternehmens nicht anzuwenden sind. Für die von den Erben begründeten neuen Verbindlichkeiten haften sie persönlich und unbeschränkbar als Gesamtschuldner.
Eine Haftung aus §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 HGB setzt – soweit man die Norm als Rechtsgrundverweisung auf § 25 HGB versteht – voraus, dass X das Geschäft unter der bisherigen Firma fortführt. Dabei ist der nach außen hervorgerufene Anschein der Kontinuität maßgeblich. Im Fall wurde die Namensänderung (erst) nach sechs Wochen sichtbar. Teilweise wird der Standpunkt eingenommen, die Änderung der Firma müsse zum Schutz der Gläubiger unverzüglich erfolgen. Andere geben dem Erben die Möglichkeit, die Firma binnen drei Monaten ab dem Erbfall zu ändern. Letztere Auffassung ist vorzuziehen, da der Erbe einerseits nicht bereits zu einem Zeitpunkt über die Firmenfortführung entscheiden muss, wenn ihm die geschäftliche Situation noch nicht bekannt sein kann. Andererseits wird auch für etwaige Gläubiger ein verbindlicher zeitlicher Rahmen erkennbar, innerhalb dessen mit einer Entscheidung des Erben zu rechnen ist. Der an § 27 Abs. 2 HGB angelehnte Drei-Monats-Zeitraum erscheint dabei als angemessener Kompromiss. In Fall 1 scheidet daher aufgrund der rechtzeitigen Änderung der Firma eine handelsrechtliche Haftung aus. X kann aber als Erbe nach §§ 1922, 1967 BGB belangt werden. Einer solchen Haftung kann X entgehen, wenn er die Erbschaft innerhalb der Fristen von § 1944 BGB ausschlägt. Außerdem kann X die Haftung auf den Nachlass begrenzen, §§ 1975 ff BGB.
2.3 Geschäftseinstellung
Fall 2 (Haftungsbegrenzung nach § 27 II HGB): Erblasser E betrieb als Einzelkaufmann ein Miederwarengeschäft. Erbe X hat das Geschäft zunächst unter der bekannten Firma "E. Miederwaren" fortgeführt. Als X die Bücher durchsieht, bemerkt er, dass aufgrund ausbleibender Stammkundschaft und neuartiger Vertriebsformen im Internet der Betrieb ...