3.1 Unternehmensträger und Vertretungsregelung
Fall 4 (Übergang auf Erbengemeinschaft: Unternehmensträger und Vertretung): Erblasser A betrieb als Einzelkaufmann eine Schlosserei. A wird von seinen Söhnen B, C und D sowie seiner Ehefrau F in gesetzlicher Erbfolge beerbt. Die Miterben fragen an, ob das Unternehmen nun in der Rechtsform einer OHG weitergeführt wird und wie die Vertretungsregelung dabei aussieht.
Geht ein Einzelunternehmen auf eine Erbengemeinschaft über, ist und bleibt das Einzelunternehmen ein Gesamthandsgegenstand neben den sonstigen Nachlassgegenständen. Allerdings ist zu beachten, dass das Einzelunternehmen kein homogener Gegenstand, sondern eine Sachgesamtheit ist, bestehend aus einzelnen Vermögensgegenständen und Schulden, latenten Risiken, Anwartschaften u. a.
Eine Sondernachfolge wie bei einem Anteil an einer Personengesellschaft tritt nicht ein, sodass ein zum Nachlass gehörendes Einzelunternehmen von den Erben ohne jede zeitliche Begrenzung (allerdings mit den Haftungskonsequenzen wie vorstehend beschrieben) in ungeteilter Erbengemeinschaft fortgeführt werden kann, ohne dass es automatisch eine offene Handelsgesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft wird. Im Fall liegt also immer noch ein "einzelkaufmännisches" Unternehmen vor, dessen Träger die Erben in Gesamthandsgemeinschaft sind. Dies ist mit dem auf Auflösung gerichteten Zweck der Erbengemeinschaft auch dann zu vereinbaren, wenn die Fortführung viele Jahre andauert.
Allerdings bestehen dabei nicht unerhebliche Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben, dass die Erbengemeinschaft gemeinschaftlich zu verwalten ist (§ 2038 BGB). Als Gestaltungsalternativen bietet sich die Erteilung einer Vollmacht durch die Miterben an ein für die Führung des Unternehmens geeignetes Mitglied der Erbengemeinschaft an oder der Abschluss eines Pachtvertrags mit dem betreffenden Miterben (vgl. BGB 2040 u. a.). Gegenstand eines Pachtvertrags können nicht nur Sachen sein, sondern auch Rechte, Sachgesamtheiten und Unternehmen. Die Vertretungsregelungen der OHG (§ 125 Abs. 1 HGB: Einzelvertretung) gelten jedenfalls nach hM nicht.
Die Fortführung eines geerbten Unternehmens durch die Erbengemeinschaft ist daher zulässig, wenn auch unzweckmäßig. Möchte die Erbengemeinschaft den Geschäftsbetrieb einstellen, beginnt die nach § 27 Abs. 2 HGB zu wahrende Drei-Monats-Frist erst mit der Kenntnis aller Miterben einheitlich zu laufen.
3.2 Haftung
Fall 5 (Übergang auf Erbengemeinschaft: Haftung): In obigem Fall will D den Betrieb vor Ablauf von drei Monaten einstellen, um eine persönliche Haftung für Altverbindlichkeiten zu vermeiden. B, C und F sehen dies anders und wollen weiter abwarten. D ist der Meinung, er habe bereits der Fortführung des Unternehmens von Anfang an widersprochen. Sein Wille dürfe aber in der Erbengemeinschaft nicht einfach übergangen werden.
Variante: Auch D war anfänglich mit der Fortführung des Unternehmens einverstanden gewesen. Nach einigen Wochen kommt er aber zu dem Entschluss, den Betrieb nunmehr einstellen zu wollen. B, C und F widersprechen diesem Vorschlag.
Zu unterscheiden ist (wieder) die erbrechtliche Haftung (§ 1967 BGB) von der handelsrechtlichen Haftung (§ 27 HGB). Während die erbrechtliche Haftung auf den Nachlass beschränkt werden kann, ist die handelsrechtliche Haftung nach § 27 HGB unbeschränkt. Voraussetzung für diese ist lediglich die tatsächliche Unternehmensfortführung durch den Unternehmensträger. Ein an dem Veto von D scheiternder einstimmiger Fortführungsbeschluss der Erbengemeinschaft ist daher nicht erforderlich. Dennoch hat der Bundesgerichtshof in einigen älteren Entscheidungen den bis heute nicht aufgegebenen Standpunkt vertreten, eine Fortführungshaftung der einzelnen Miterben setze deren zumindest konkludente Zustimmung zur Fortführung voraus. In der Literatur ist diesem Verständnis zunehmend widersprochen worden. Ebenso wenig wie der Anfall der Erbschaft einen Willensentschluss der Erbengemeinschaft erfordere, könne dies für die Frage der tatsächlichen Unternehmensfortführung verlangt werden. Ein (einstimmiger) Fortführungsbeschluss sei lediglich Voraussetzung für die Duldungspflicht im Innenverhältnis der Miterben zueinander. In diese Richtung geht auch ein späteres Urteil des BGH.
Im Fall muss also D jedenfalls in der Variante aufgrund seiner früheren Zustimmung zur (vorübergehenden) Fortführung des Handelsgeschäfts die handelsrechtliche Haftung nach § 27 Abs. 1 HGB hinnehmen, soweit nicht durch mehrheitlichen (§ 2038 Abs. 2 BGB) Liquidationsbeschluss die Fortführung des Geschäfts eingestellt wird. Nach der neueren Auffassung gilt Gleiches auch im Ausgangsfall, obwohl D hier von Anfang an der Fortführung widerspro...