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Der Beitrag stellt die haftungsrechtlichen Konsequenzen dar, wenn ein einzelkaufmännisches Unternehmen Bestandteil des Nachlasses ist. Neben die erbrechtliche beschränkbare Nachfolgehaftung tritt in der Regel eine handelsrechtliche Nachfolgehaftung. Diese Haftung aus §§ 27, 25 HGB ist nicht auf den Nachlass beschränkbar. Der das Unternehmen fortführende Erbe haftet vielmehr mit seinem Privatvermögen auch im Fall der Ausschlagung der Erbschaft persönlich. Der Beitrag zeigt auf, wie eine solche Haftung vermieden werden kann und geht dabei auch auf die Lösung der besonderen Probleme ein, wenn das Unternehmen an eine Erbengemeinschaft fällt, die sich uneins ist oder an der ein Minderjähriger beteiligt ist. Der anwaltliche Berater wird dabei auf die einzuhaltenden äußerst kurzen Drei-Monats-Fristen hingewiesen.
1. Einführung
1.1 Problemlage
Wird ein Handelsunternehmen vererbt, stellen sich für den Erben und seinen Berater verschiedene Fragen: Der Erbe muss entscheiden, ob er das Unternehmen fortführen möchte. Dabei muss er die betriebswirtschaftliche Situation des Unternehmens erfassen und eine Fortführungsprognose erstellen; er muss sich über bestehende und vor allem laufende Verbindlichkeiten informieren; er muss sich über die Mitarbeiterstruktur und den Inhalt von deren Arbeitsverträgen ein Bild verschaffen; er muss in Erfahrung bringen, welche Lieferverpflichtungen und Lieferantenbeziehungen bestehen; auch muss er wissen, wie der finanzielle Rahmen des Betriebs abgesteckt ist. War er bislang nicht in das Unternehmen eingebunden, ist er auf fremde Hilfe angewiesen. Dabei wird er an den Steuerberater des Unternehmens und auch den Bankbetreuer herantreten.
Die bestehenden rechtlichen Optionen hat ihm sein Anwalt aufzuzeigen. Dieser muss ihm sagen, welche rechtliche Konsequenz die Fortführung des Unternehmens haben wird; er muss ihm mitteilen, dass im Fall der Firmenfortführung eine weitere handelsrechtliche Haftung neben die bestehende erbrechtliche Haftung tritt; er muss ihn darüber aufklären, welche Möglichkeiten es gibt, die eine oder andere Haftung zu begrenzen; er muss ihn auf dabei einzuhaltende gesetzliche Drei-Monats-Fristen hinweisen und er muss mit Blick auf dieselben bei alledem vor allem schnell und zielsicher handeln. Auch muss sich der Rechtsanwalt auf mögliche Komplikationen und Verzögerungen einstellen, die auftreten können, wenn nicht ein einzelner Erbe dem Unternehmensinhaber nachfolgt sondern eine Erbengemeinschaft. Er muss das Problem erkennen, dass innerhalb der Erbengemeinschaft Meinungsverschiedenheiten über die weitere Unternehmensführung auftreten können, und er muss vor allem hierfür auch eine Lösung bieten können. Auch muss er berücksichtigen, welche besonderen Schwierigkeiten bestehen, wenn einzelne Mitglieder in der Erbengemeinschaft noch minderjährig sind.
1.2 Statistische Verbreitung
Im Jahr 2008 existierten in Deutschland 2.233.767 Einzelunternehmen. Sie stellen mit über 70 % den größten Anteil der in Deutschland tätigen Unternehmen. Diese werden von einem Einzelkaufmann geführt, soweit Gegenstand des Unternehmens der Betrieb eines Handelsgewerbes ist. Handelsgewerbe ist dabei seit der Streichung des Katalogtatbestandes im Jahr 1998 jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert, § 1 Abs. 2 HGB. Die Voraussetzungen für ein solches Vollgewerbe werden nach der Gesetzesfassung vermutet. Zusätzlich kann auch ein Kleingewerbetreibender durch Eintragung seiner Firma in das Handelsregister Kaufmannseigenschaft begründen, § 2 HGB. Zu unterscheiden ist der Einzelkaufmann von den verschiedenen Formen der Handelsgesellschaften, auf die das Kaufmannsrecht anwendbar ist, § 6 HGB.
1.3 Gesetzliche Regelungen
Jeder Vollkaufmann nach § 1 HGB (sog. Istkaufmann) ist verpflichtet, seine Firma zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, § 29 HGB. Dabei kann er seit der Liberalisierung des Firmenrechts im Jahr 1998 seinen Firmennamen sehr viel freier wählen als zuvor. So muss die Firma nicht mehr den Vor- und Zunamen des Inhabers enthalten. Auch Fantasiebezeichnungen sind zulässig. Der Erbe wird häufig ein Interesse daran haben, den in der Branche schon bekannten Firmennamen des Unternehmens beizubehalten. Hierdurch wird aber für den Rechtsverkehr der Eindruck hervorgerufen, der Unternehmensträger habe nicht gewechselt. An dieses Vertrauen in die Kontinuität des Handelsunternehmens knüpft § 27 HGB eine Haftungsanordnung: Der neue Unternehmensträger haftet auch für die vor dem Erbfall begründeten Verbindlichkeiten mit seinem Privatvermögen. Diese handelsrechtliche Haftung tritt gleichwertig neben die bestehende erbrechtliche Haftung aus §§ 1922, 1967 BGB. Aus Sicht des Nachfolgers liegt das besondere Risiko der handelsrechtlichen Haftung darin, dass dieselbe nicht auf den Nachlass beschränkbar ist. Auch eine Ausschlagung der Erbschaft oder die Anfechtung der Annahme beseitigt die eingetretene Haftung nicht mehr. Für...