Von Zeit zu Zeit wird in Gestaltungsmandaten der Wunsch geäußert, die Wohnsituation bestimmter Begünstigter über den eigenen Tod hinaus abzusichern. Zugleich sollen aber manchmal der Erhalt des Wohnobjekts gesichert und der (Zwischen-)Erwerber an der Veräußerung dieses Vermögens gehindert werden. Abgestimmt auf die individuellen Verhältnisse wird in solchen Fällen immer wieder überlegt, das Gestaltungsziel durch die Zuwendung eines Vermächtnisses auf Einräumung eines dinglichen Wohnungsrechts nach § 1093 BGB zu erreichen. Der BFH hat jetzt entschieden, dass der Erwerb einer solchen Rechtstellung nicht durch die Befreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4 b S. 1 ErbStG begünstigt wird.
Der Gesetzeswortlaut ist insoweit eindeutig. Von der Besteuerung ausgenommenen werden nur bestimmte Rechte ("Eigentum" oder "Miteigentum"). Einen offenen Widerspruch zum gesetzgeberischen Ziel, dem Erhalt der Substanz des Familienwohnheims, gibt es durch diese Beschränkung nicht. Wie bereits von der Vorinstanz (FG Köln BeckRS 2012, 96049) beschieden, gibt es eben keine klaren Hinweise für das Vorliegen einer eventuell im Wege der Analogie zu schließenden Regelungslücke. Allenfalls kann das Vorhandensein eines für die Finanzverwaltung unbeachtlichen rechtspolitischen Fehlers überlegt werden. Mit anderen Worten ist das Urteil nach der aktuellen Gesetzeslage im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Die Bedeutung der Entscheidung ist nicht bloß auf die vermächtnisweise Zuwendung von Wohnungsrechten beschränkt. Weitergehend hat das Urteil Bedeutung für alle anderen Nutzungsrechte am Familienwohnheim. Betroffen sind selbst weitreichende Nutzungsrechte wie der Nießbrauch (Troll u. a., § 13 ErbStG, Rn 68). Daneben ist die Entscheidung bei Übertragungen unter Nutzung der Befreiungen nach § 13 Abs. 1 Nrn. 4 a u. 4 c ErbStG zu beachten. Bei diesen Tatbeständen wird als Zuwendungsgegenstand ebenfalls Eigentum oder Miteigentum am Familienwohnheim vorausgesetzt.
Für die statistische Mehrheit aller Erbfolgeplanungen und -fälle in Deutschland wird das Urteil trotzdem eher eine Randnotiz bleiben. Zumindest nach dem heutigen Erbschaftsteuerregime werden die jeweiligen Freibeträge und sonstigen Befreiungen meist genügen. Zuletzt wurden Erbschaft- oder Schenkungsteuern bloß bei etwa 15 % aller Erwerbsvorgänge nach dem ErbStG festgesetzt. Auch in diesen Fällen waren nicht immer das (Mit-)Eigentum an Immobilien oder diesbezügliche Rechte im Nachlass. Nur für solche Sachverhalte dient das Urteil als Mahnung. Spätestens nach dem BFH-Urteil ist insoweit besondere Vorsicht geboten, wenn sich zivilrechtlich Gestaltungen mit Nutzungsrechten anbieten.
Nach dem Wegfall des früheren Abzugsverbots des § 25 ErbStG aF kommt zunächst eine bewusste Nutzung in Betracht. Im Einzelfall drohen aber hohe steuerliche Belastungen. Im vom BFH entschiedenen Fall lag der Kapitalwert der Nutzungsrechte bei 442.024 EUR. Insbesondere die Bewertung nach § 14 BewG kann dazu führen, dass bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage im Einzelfall der Verkehrswert des Familienwohnheims fast erreicht wird. Alternativ muss das (Mit-)Eigentum am Familienwohnheim übertragen werden (so auch Litzenburger, FD-ErbR 2014, 361691). Die Erhaltung der Immobilie kann dann z. B. durch die Anordnung eines Vor- und Nachvermächtnis nach § 6 ErbStG nebst Testamentsvollstreckung abgesichert werden.
Wolfgang Krüger, LL.M., Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erb- und Familienrecht, Köln
ZErb 11/2014, S. 318 - 321