Eva Kreienberg
zerb verlag 2014, 320 S., 49 EUR
ISBN: 978-3-95661-021-9
"Wart- und Pflegeverpflichtungen in Übergabeverträgen – Analyse bisheriger Bewertungsansätze und Entwicklung eines neuen differenzierten Bewertungsmodells", so lautet der vollständige Titel der Dissertation von Eva Kreienberg, die im ZErb-Verlag 2014 in der Schriftenreihe ZErb Wissenschaft veröffentlicht wurde. Das Werk beschäftigt sich mit einem überaus praxisrelevanten Thema, das allerdings bislang vor allem in der rechtswissenschaftlichen Literatur sehr vernachlässigt wurde. Bereits aus diesem Grund gebührt Frau Kreienberg Dank, sich mit einem solchen praxisrelevanten Thema detailliert auseinandergesetzt zu haben.
Das Werk ist in 6 Kapitel gegliedert. Nach der Einleitung in Teil A folgt in Teil B die Definition der Begriffe "Übergabevertrag" sowie "Wart- und Pflegeverpflichtungen". Diese beiden Begriffe werden für den Fortgang der Arbeit als der eigentliche Untersuchungsgegenstand dargestellt und definiert. Im Teil C wird dann die eigentliche Relevanz des Untersuchungsgegenstandes für die Rechtspraxis näher dargestellt. Aufgelistet sind die Fälle, in denen die Bewertung von Wart- und Pflegeverpflichtungen in der Praxis eine Rolle spielen: Anrechnung auf den Pflichtteil nach § 2315 BGB, Ausgleichungspflichten nach § 2050 BGB, Ausgleichungspflichtteil nach § 2316 BGB, Pflichtteilsergänzungsansprüche nach § 2325 BGB, Beeinträchtigende Schenkungen nach § 2287 BGB, Vertragsstörungen und Mangelleistungen, Überleitung von Ansprüchen auf den Sozialleistungsträger, Bewertung im Rahmen von Zwangsversteigerungen und die Bewertung solcher Leistungen bei Bewertungsfragen durch Banken.
Im vierten Teil D werden sodann ausführlich und detailliert die bisherigen Bewertungsansätze in Rechtsprechung und Literatur dargestellt. Dabei werden die Bewertungsansätze der inzwischen wieder verworfenen Erbrechtsreform ebenso einbezogen wie die Bewertungsansätze der Finanzverwaltung, der Finanzgerichte als auch der Grundstückssachverständigen. Hierbei geht die Arbeit sehr systematisch vor. Zunächst werden die einzelnen Bewertungskriterien, die Frau Kreienberg ihrer Untersuchung zugrunde legt, dargestellt und definiert und in eine Bewertungsmatrix aufgenommen, die den Vergleich der Bewertungsansätze anhand einheitlicher Kriterien erst möglich macht. Im Ergebnis zeigt sich, dass vor allem die zivilrechtliche Judikatur keinen einheitlichen Bewertungsmaßstab hat und insbesondere die zugrundezulegenden Jahreswerte bei den einzelnen Gerichten eklatant voneinander abweichen.
Im Mittelpunkt von Teil E, dem eigentlichen Kern der Arbeit, steht dann die Entwicklung eines eigenen neuen und differenzierten Bewertungsmodells. Hierbei orientiert sich Kreienberg als Jahreswert an den ersparten Aufwendungen. Grundlage für den Jahreswert der Pflegeverpflichtungen ist somit der Betrag, der dem Vermögen des zu Pflegenden durch die Übernahme der Wart- und Pflegeverpflichtung erspart wird. Als Kapitalisierungsfaktor wird auf den Vervielfältiger nach § 14 BewG zurückgegriffen. Die genaue Entwicklung des Modells setzt durchaus mathematische Kenntnisse voraus, insbesondere was die Berücksichtigung des Pflegerisikos innerhalb des Modells anbelangt. Da sich das neue Bewertungsmodell an den aktuellen Zahlen des statistischen Bundesamtes orientiert, ist im Ergebnis eine weitaus realitätsnähere Bewertung möglich, als dies bislang aufgrund der von der Rechtsprechung zugrunde gelegten Erfahrungssätze der Fall war.
Es bleibt dem Buch zu wünschen, dass die neuen Bewertungsansätze Eingang in die zivilrechtliche Judikatur finden und so einheitliche Maßstäbe bei der Bewertung von Wart- und Pflegeverpflichtungen Einzug halten. So kann auch jedem Praktiker, der in diesem Bereich forensisch tätig ist, nur empfohlen werden, sich auf die von Kreienberg entwickelten Bewertungsansätze zu stützen, um der Rechtsprechung Gelegenheit zu geben, ihre bisherigen Bewertungsansätze zu überdenken.
Autor: Dr. Alexander Wirich
Dr. Alexander Wirich, Rechtsanwalt, FA ErbR und FAStR, Villingen-Schwenningen
ZErb 11/2014, S. 323 - 324