Leitsatz
Ist der Zweck der Nachlassverwaltung durch die Befriedigung der Nachlassgläubiger erreicht, so ist eine Aufhebung der Nachlassverwaltung zumindest dann möglich, wenn einer der im Ausgangsverfahren materiell Beteiligten die Aufhebung beantragt hat.
BGH, Beschluss vom 5. Juli 2017 – IV ZB 6/17
Sachverhalt
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind hälftige Miterben nach ihrer am 18.9.2007 verstorbenen Mutter, der Erblasserin. Auf Antrag des Beteiligten zu 1 und mit Zustimmung des Beteiligten zu 2 ordnete das Amtsgericht mit Beschl. v. 23.2. 2011 Nachlassverwaltung an und bestellte den Beteiligten zu 3 zum Nachlassverwalter. Auf Mitteilung des Beteiligten zu 3 über die Berichtigung der bekannten Nachlassverbindlichkeiten im Januar 2016 hob das Amtsgericht mit Beschl. v. 10.3.2016, nachdem es den Beteiligten zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte, die Nachlassverwaltung auf, da alle bekannt gewordenen Nachlassverbindlichkeiten berichtigt und der Zweck der Nachlassverwaltung damit erreicht sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1, der sich darauf beruft, es seien noch nicht alle Nachlassverbindlichkeiten erfüllt. Außerdem sei kein Antrag auf Aufhebung der Nachlassverwaltung gestellt worden. Dem widersprachen die Beteiligten zu 2 und 3. Bei Zweckerreichung sei im Übrigen kein Antrag erforderlich.
Auf einen Hinweis des Beschwerdegerichts vom 30.8.2016 hat der Beteiligte zu 2 vorsorglich beantragt, die Nachlassverwaltung aufzuheben. Das Beschwerdegericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1. Er beantragt, die Beschlüsse des Beschwerdegerichts und des Amtsgerichts aufzuheben.
Aus den Gründen
II. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht, dessen Beschluss unter anderem in ZEV 2017, 264 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, der Beteiligte zu 1 habe auf den jeweils nachvollziehbaren Vortrag der Gegenseite, dass entweder keine Nachlassverbindlichkeiten mehr möglich seien oder deren Erfüllung gerade an dem Verhalten des Beteiligten zu 1 scheitere, nicht erwidert. Soweit die Erfüllung eines Vergleichs unstreitig am Verhalten des Beteiligten zu 1 scheitere, sei es ihm nach § 242 BGB verwehrt, sich insoweit auf eine offene Nachlassverbindlichkeit zu berufen. Die Aufhebung der Nachlassverwaltung sei auch nicht deshalb fehlerhaft, weil der Beteiligte zu 1 diese nicht beantragt habe. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Köln sei es nicht erforderlich, dass gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 FamFG auch im Fall der Zweckerreichung durch Befriedigung aller Nachlassgläubiger ein Antrag auf Aufhebung der Nachlassverwaltung notwendig sei und dieser nur durch denjenigen gestellt werden könne, der den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt habe. § 48 Abs. 1 S. 2 FamFG sei von vornherein nicht auf den Fall einer Erledigung des Verfahrenszwecks durch die Erfüllung aller bekannten Nachlassverbindlichkeiten anwendbar. Da die Anordnung der Nachlassverwaltung ein hoheitlicher Eingriff in die Rechtssphäre des oder der Erben sei, folge aus dem rechtsstaatlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit die Notwendigkeit, diesen Eingriff in zeitlicher und sachlicher Hinsicht auf das erforderliche Maß zu beschränken. Nichts Anderes könne für den Fall gelten, dass die Nachlassverwaltung ursprünglich durch den oder die Erben beantragt worden sei. Denn die Nachlassverwaltung werde für den einzelnen Miterben spätestens dann zu einer rechtlichen Belastung, wenn sie nicht mehr von seinem Willen getragen werde. Hier habe der Beteiligte zu 2 ausdrücklich die Aufhebung der Nachlassverwaltung beantragt. Auch in dem verbleibenden Fall, dass der Alleinerbe die Nachlassverwaltung beantragt habe, sich aber nach Zweckerreichung weigere, die Aufhebung zu beantragen, gelte nichts anderes, da der Erbe in einem solchen Fall evident verfahrensfremde Zwecke verfolgen würde.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand.
a) Rechtsfehlerfrei hat das Beschwerdegericht angenommen, dass die Aufhebung der Nachlassverwaltung nicht bereits deshalb unzulässig war, weil der Beteiligte zu 1 sie nicht beantragt hat.
Gemäß § 1981 Abs. 1 BGB ist die Nachlassverwaltung, die eine Nachlasspflegschaft zum Zweck der Befriedigung der Nachlassgläubiger darstellt (§ 1975 BGB), von dem Nachlassgericht anzuordnen, wenn der Erbe die Anordnung beantragt. Im Fall einer Erbengemeinschaft kann die Anordnung einer Nachlassverwaltung von den Erben nur gemeinschaftlich beantragt werden (§ 2062 HS 1 BGB). Dies ist hier geschehen durch den Antrag des Beteiligten zu 1 vom 25.11.2010, dem der Beteiligte zu 2 am 29.12.2010 zumindest konkludent zugestimmt hat. Gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 FamFG kann in Verfahren, die – wie hier – nur auf Antrag eingeleitet werden, die Aufhebung oder Abänderung nur auf Antrag erfolgen. Die Frage, ob und gegebenenfalls durch wen bei einer Nachlassverwaltung im Fall der Zweckerreichung ein Aufhebungsantrag gestellt we...