Am 1.3.2018 hat der EuGH auf einen Vorlagebeschluss des KG – bei dem es um die Frage der Aufnahme eines sich durch die Regelung über den Zugewinnausgleich im Todesfall erhöhenden Erbteils des überlebenden Ehegatten in ein Europäisches Nachlasszeugnis ging – nun aber entschieden, dass Art. 1 Abs. 1 EuErbVO dahin auszulegen, dass eine nationale Bestimmung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, wonach beim Tod eines Ehegatten ein pauschaler Zugewinnausgleich durch Erhöhung des Erbteils des überlebenden Ehegatten vorzunehmen ist (§ 1371 Abs. 1 BGB), in den Anwendungsbereich der EuErbVO fällt.
Der EuGH weist dabei vorab ausdrücklich darauf hin, dass nach seiner ständigen Judikatur – den Erfordernissen einer einheitlichen Anwendung des Unionsrechts und des Gleichheitsgrundsatzes geschuldet – Begriffe einer Vorschrift des Unionsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweisen, regelmäßig in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen. Diese müsse unter Berücksichtigung nicht nur ihres Wortlauts, sondern auch des Kontextes, in dem die Vorschrift steht, und des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels gefunden werden (Grundsatz der verordnungsautonomen, d. h. autonomen europäischen Auslegung).
Die EuErbVO ist nach ihrem Art. 1 Abs. 1 S. 1 auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwenden mit Ausnahme der in Art. 1 Abs. 2 EuErbVO abschließend gelisteten Bereiche, die vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen sind. Nach der Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 Buchst. a) EuErbVO bezeichnet "Rechtsnachfolge von Todes wegen" jede Form des Übergangs von Vermögenswerten, Rechten und Pflichten von Todes wegen, sei es im Wege der gewillkürten Erbfolge durch eine Verfügung von Todes wegen oder im Wege der gesetzlichen Erbfolge. Erwägungsgrund 9 der EuErbVO bestätigt dies noch einmal ausdrücklich: Der Anwendungsbereich der Verordnung soll sich auf alle zivilrechtlichen Aspekte der Rechtsnachfolge von Todes wegen erstrecken.
In Bezug auf die Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses referiert der EuGH zwar auf die Erwägungsgründe 11 und 12 EuErbVO, wonach die Verordnung nicht für Bereiche des Zivilrechts gelten soll, die nicht die Rechtsnachfolge von Todes wegen betreffen, insbesondere nicht für Fragen des "ehelichen Güterrechts". § 1371 Abs. 1 BGB betrifft jedoch nach Ansicht des Gerichts nicht die Aufteilung von Vermögenswerten zwischen den Ehegatten, sondern die Rechte des überlebenden Ehegatten an den Gegenständen, die schon zum Nachlassvermögen gezählt werden: "Unter diesen Umständen scheint der Hauptzweck der Bestimmung" (d. h. des § 1371 BGB) "nicht in der Aufteilung des Vermögens oder in der Beendigung des ehelichen Güterstands, sondern vielmehr in der Bestimmung des dem überlebenden Ehegatten im Verhältnis zu den übrigen Erben zufallenden Erbteils zu liegen. Eine solche Vorschrift betrifft daher in erster Linie die Rechtsnachfolge nach dem Tod eines Ehegatten und nicht das eheliche Güterrecht" – weswegen sich eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende (§ 1371 Abs. 1 BGB) auf "Erbsachen" iSd EuErbVO beziehe.