3.2.1 Aufenthaltsprinzip
Sofern in der EuErbVO nichts anderes vorgesehen ist, d. h. ohne Rechtswahl (unter 3.1), unterliegt die gesamte Rechtsfolge von Todes wegen nach Art. 21 Abs. 1 EuErbVO dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen "gewöhnlichen Aufenthalt" hatte (Aufenthaltsprinzip). Damit vollzieht die EuErbVO einen grundsätzlichen "Gleichlauf von jus und forum".
Der auslegungsbedürftige Rechtsbegriff des "gewöhnlichen Aufenthalts" wird in der EuErbVO nicht näher definiert. Unter Heranziehung von Erwägungsgrund 23 der Verordnung soll bei dessen Bestimmung die mit der Sache befasste Behörde jedoch eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und im Zeitpunkt seines Todes vornehmen – und dabei alle relevanten Tatsachen berücksichtigen (insbesondere die Dauer und Regelmäßigkeit des Aufenthalts des Erblassers in dem betreffenden Staat sowie die damit zusammenhängenden Umstände und Gründe). Die Bestimmung des Ortes kann sich als schwierig erweisen, insbesondere dann, wenn sich der Erblasser aus beruflichen oder wirtschaftlichen Gründen (unter Umständen auch für eine längere Zeit) in einen anderen Staat begeben hat, um dort zu arbeiten, aber eine enge und feste Bindung zu seinem Herkunftsstaat aufrecht erhalten hat. Der Verordnungsgeber meint (Erwägungsgrund 24), dass in einem solchen Fall davon ausgegangen werden könne, dass der Erblasser seinen "gewöhnlichen Aufenthalt" weiterhin in seinem Herkunftsstaat hat, in dem sich in familiärer und sozialer Hinsicht sein Lebensmittelpunkt befand. Weitere komplexe Fälle können sich dann ergeben, wenn der Erblasser abwechselnd in mehreren Staaten gelebt hat oder auch von Staat zu Staat gereist ist, ohne sich in einem Staat für längere Zeit niederzulassen. War der Erblasser ein Staatsangehöriger eines dieser Staaten oder hatte er alle seine wesentlichen Vermögensgegenstände in einem dieser Staaten, so könnte seine Staatsangehörigkeit oder der Ort, an dem diese Vermögensgegenstände sich befinden, ein besonderer Faktor bei der Gesamtbeurteilung aller tatsächlichen Umstände sein.
3.2.2 Offensichtlich engere Verbindung
Ergibt sich ausnahmsweise aus der Gesamtheit der Umstände, dass der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes eine "offensichtlich engere Verbindung" zu einem anderen als dem Staat hatte (Ausnahmefälle, weil der Erblasser bspw. erst kurz vor seinem Tod in den Staat seines "gewöhnlichen Aufenthalts" umgezogen ist), dessen Recht nach Art. 21 Abs. 1 EuErbVO (unter 3.2.1) anzuwenden wäre, so ist gemäß Art. 21 Abs. 2 EuErbVO auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht dieses anderen Staates anzuwenden. Die "offensichtlich engste Verbin-dung" sollte jedoch nicht als subsidiärer Anknüpfungspunkt gebraucht werden, wenn sich die Feststellung des "gewöhnlichen Aufenthaltsorts" des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes als schwierig erweist (so Erwägungsgrund 25 der EuErbVO).