Eine Erhöhung des Ehegattenerbteils um ein Viertel kann also nur noch dann stattfinden, wenn der erstversterbende Ehegatte nach deutschem Erbrecht beerbt wird (sofern die Ehegatten im Güterstand der deutschen Zugewinngemeinschaft lebten) – oder (wie der deutsche Notarverein zutreffend anmerkt "sehr theoretisch"), wenn ein anwendbares ausländisches Erbrecht selbst eine entsprechende Quotenerhöhung aufgrund des deutschen Güterstands vorsehen würde.
Wenn nun aber ausländisches Erbrecht (aufgrund der erbrechtlichen Qualifikation des § 1371 Abs. 1 BGB durch den EuGH, unter 2.3) und zugleich deutsches Güterrecht zur Anwendung gelangen, hat Weber angeregt, "die Anwendung der Vorschriften über den Zugewinnausgleich dahingehend anzupassen, dass der überlebende Ehegatte bei gesetzlicher Erbfolge den rechnerischen Zugewinnausgleich nach §§ 1373 ff BGB verlangen kann. ... Wenn der Ehegatte von vornherein keinen Anspruch auf einen pauschalierten Zugewinn hat, entsteht eine Normlücke ... Grundsätzlich soll der Ehegatte zusätzlich zu seinem gesetzlichen Erbteil den pauschalierten Zugewinn erhalten. Ist dies wegen der erbrechtlichen Qualifikation des § 1371 I BGB von vornherein nicht möglich, sollte man dem Ehegatten zusätzlich zu seinem gesetzlichen Erbteil nach ausländischem Recht einen Anspruch auf den rechnerischen Zugewinn einräumen, indem man §§ 1371 II, 1372 BGB teleologisch reduziert".
Der Deutsche Notarverein hat in seiner Stellungnahme vom 6.7.2018 zum Entwurf eines Gesetzes zum Internationalen Güterrecht und zur Änderung von Vorschriften des Internationalen Privatrechts das BMJV auf die Regelungslücke zwischen Erb- und Güterrecht aufmerksam gemacht: "Das vorliegende Gesetzgebungsverfahren könnte dazu genutzt werden, eine Regelungslücke im deutschen Güter- und Erbrecht zu schließen, die sich durch die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Mahnkopf (C-558/16) ergeben hat". Der Deutsche Notarverein greift explizit die Anpassungsvorschläge von Weber auf und macht die Regelungslücke an folgendem Beispiel deutlich: "Für Ehegatten, die im deutschen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet sind, bei deren Versterben aber ausländisches Erbrecht zur Anwendung kommt (z. B. weil sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ein anderes Land verlegt haben, ohne eine Rechtswahl zum deutschen Staatsangehörigkeitsrecht zu treffen), ergibt sich nun im Zugewinnrecht eine Regelungslücke: § 1371 Abs. 1 BGB ist aufgrund erbrechtlicher Qualifikation nicht mehr anwendbar und § 1371 Abs. 2 BGB ist nach seinem Wortlaut ("Wird der überlebende Ehegatte nicht Erbe und steht ihm auch kein Vermächtnis zu, so kann er Ausgleich des Zugewinns nach den Vorschriften der §§ 1373 bis 1384, 1390 verlangen ...") nicht anwendbar, da der Ehegatte möglicherweise im ausländischen Recht nicht enterbt ist, sondern einen (kleineren) gesetzlichen Erbteil erhält. Diese Lücke müsste derzeit wohl durch eine Anpassung im Wege des ,Richterrechts‘ gefüllt werden, was aber auf voraussichtlich längere Zeit zu erheblichen Rechtsunsicherheiten und potentiellem Streit in Familien führen würde. Auch erbschaftsteuerrechtlich hat diese Frage erhebliche Bedeutung, da auch bei einvernehmlichen Lösungen innerhalb der Familien entscheidend ist, ob ein entsprechender zivilrechtlicher Anspruch des Längerlebenden besteht. Aus unserer Sicht ist es daher Aufgabe des deutschen Gesetzgebers, diese Lücke selbst zu füllen, wozu das Ausführungsgesetz den geeigneten Anlass bietet".
Als sachgerechten Lösungsvorschlag für die sich damit auftuende Regelungslücke zwischen Erb- und Güterrecht schlägt der Deutsche Notarverein in dieser Fallgestaltung eine konkrete Berechnung des Zugewinns vor – rechtstechnisch durch eine Ergänzung des § 1371 BGB um einen Abs. 5, der folgenden Wortlaut erhalten sollte:
"Wenn ein anwendbares ausländisches Erbrecht keine Erhöhung des gesetzlichen Erbteils im Sinne des Abs. 1 vornimmt, kann der überlebende Ehegatte Ausgleich des Zugewinns nach den Vorschriften der §§ 1373 bis 1383, 1390 verlangen".
Ob ein neuer § 1371 Abs. 5 BGB – sollte er denn vom Gesetzgeber aufgegriffen werden und Gesetz werden – vor den Augen des EuGH letztlich Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Der Lösungsvorschlag vermeidet zumindest die Pauschalierung des Zugewinnausgleichs im Todesfall eines Ehegatten und rekurriert mit seiner Bezugnahme auf die §§ 1373 ff BGB, die den Zugewinnausgleich nach § 1372 BGB in anderen Fällen (sonstige Beendigungsarten) konkretisieren, auf die güterrechtliche Regelung eines Zugewinnausgleichs: individuelle Berechnung des Zugewinns eines jeden Ehegatten, bei der unter Ermittlung des Werts von Anfangs- (§ 1374 BGB) und Endvermögens (§ 1375 BGB) nach Maßgabe von § 1376 BGB eine Ausgleichsforderung – mithin eine auf Geld gerichtete persönliche Forderung nach § 1378 Abs. 1 BGB – steht: "Übersteigt der Zugewinn" (vgl. § 1373 BGB) "des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als ...