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Bei verschiedenen Nachlassgerichten scheint es Usus zu sein, ohne Rücksicht darauf, ob der Testamentsvollstrecker das Amt angetreten hat, letztwillige Verfügungen zu eröffnen, diese sodann umgehend den Erben bekanntzugeben und damit gemäß § 1944 II 2 BGB die 6-Wochen-Frist in Gang zu setzen. Diese Praxis kann Nachlass, Erben und nicht zuletzt den Testamentsvollstrecker vor kaum lösbare Probleme stellen, wenn in dieser (verbliebenen) (Ausschlagungs-)Zeit wirtschaftliche oder rechtliche Schäden, Risiken oder einfach nur Sachverhalte auftauchen, die in dieser Zeit nicht seriös ermittelt und beurteilt werden können. In einigen Fortbildungen hat der Verfasser daher Folgendes vorgeschlagen: Der Testamentsvollstrecker solle versuchen, das Gericht dazu zu bewegen, so lange mit der Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen zuzuwarten, bis er nach Amtsantritt den Nachlass so weit dem Erben präsentieren kann, dass dieser über Annahme oder Ausschlagung sinnvoll entscheiden kann – und erst dann (oder schon etwas früher, aber zeitlich abgesprochen) das Gericht die Verfügung von Todes wegen dem Erben bekannt gibt. Der Verfasser erntete hierfür Kritik, die er zur genaueren Prüfung des Vorschlags zum Anlass nahm, und stellt nun auf diesem Wege seine Gedanken näher und einem größeren Kreis vor – nicht zuletzt, weil der Verfasser in der gängigen Gerichtspraxis das Risiko der Amtshaftung sieht.
I. Die uneinheitliche Gerichtspraxis, ihre Risiken aufgrund der Rechtslage und das gerichtsinterne Zuständigkeitsproblem
Bei der Bekanntgabe letztwilliger Verfügungen, in denen eine Testamentsvollstreckung angeordnet ist, ist eine einheitliche Praxis der Nachlassgerichte kaum zu erkennen. Ist der Testamentsvollstrecker namentlich benannt, scheinen manche Gerichte zeitgleich mit der Bekanntgabe des Testaments an die Erben auch beim Testamentsvollstrecker anzufragen, ob er das Amt annimmt. Mit der Bekanntgabe beginnt außer in bestimmten Fällen mit Auslandsberührung (§ 1944 III BGB) zwingend die 6-wöchige Ausschlagungsfrist nach § 1944 II 2 BGB. Ist kein Testamentsvollstrecker vom Erben benannt oder obliegt dem Gericht aus anderen Gründen nach § 2200 BGB die Ernennung, so ist (ebenfalls) nicht erkennbar, ob die Gerichte (auch hier) daran denken, dass es zu Friktionen und Risiken für Nachlass, Erben und Testamentsvollstrecker aufgrund der Rechtslage kommen kann: Denn der Erbe und nicht der Testamentsvollstrecker hat das Recht der Ausschlagung, obwohl dem Erben ab dem Erbfall gemäß § 2211 I BGB die Verfügungsherrschaft über den Nachlass fehlt und der Testamentsvollstrecker nach § 2205 S. 2 BGB den Besitz über den Nachlass an sich zu ziehen hat, um ihn ordnungsgemäß verwalten zu können, §§ 2205 S. 1, 2216 I BGB. Auch muss der Testamentsvollstrecker sofort mit Amtsantritt nach §§ 2218 I, 666 Fall 1 BGB die Erben über sämtliche relevanten Nachlassumstände unaufgefordert informieren, was auch die Frage der Ausschlagung betreffen kann. Denn die Informationspflicht nach den §§ 2218 I, 666 Fall 1 BGB kann letztlich alles sein: Aufklärung, Beratung und nicht zuletzt Warnung. Daher hat der Testamentsvollstrecker die Pflicht, ab Amtsantritt unaufgefordert und ohne Verschulden dem Erben "alle die Informationen zu geben, die diesem bis dahin noch nicht bekannt sind, aber für ihn bedeutsame Maßnahmen betreffen."
Die unbedacht in Gang gesetzte 6-Wochen-Frist kann daher für alle gefährlich werden – nicht zuletzt dann, wenn der Testamentsvollstrecker eine Nachlassgefährdung im Sinne von § 2216 II 2 BGB beseitigen muss und dies für den Erben ein wesentlicher Gesichtspunkt für seine Ausschlagungsentscheidung ist. Hinzu kommt, dass wohl manche Gerichte für die (in den Fällen des § 2200 BGB oft lange) Zeit bis zum Amtsantritt des Testamentsvollstreckers keine Nachlasspflegschaft anordnen und der Nachlass dann evtl. über Monate rechtlich und wirtschaftlich handlungsunfähig ist. Hier werden wir uns fragen, ob für unsere Fragestellung bzw. den hier gemachten Vorschlag die Anordnung der Nachlasspflegschaft helfen kann.
Die funktionelle Zuständigkeitsverteilung bei Gericht verschärft die Sache: Während für die Bekanntgabe nach § 348 FamFG der Rechtspfleger zuständig ist, steht bei der Ernennung des Testamentsvollstreckers durch das nach § 2200 BGB berufene Nachlassgericht die Regelzuständigkeit des Richters unter dem Vorbehalt abweichenden Landesrechts. Hat der Erblasser den Testamentsvollstrecker namentlich be-/ernannt, kann man noch vor dem Testamentsvollstreckerzeugnis eine Bestätigung vom Gericht hierüber erhalten bzw. eine Protokoll-Ablichtung, dies ist dann wieder Sache des Rechtspflegers. Das Testamentsvollstreckerzeugnis wiederum ist Sache des Nachlassrichters.