II.
Während die Berufung der Beklagten zulässig und begründet ist, ist die gleichfalls zulässige Berufung der Klägerin nicht begründet.
1. Die Erbengemeinschaft hat keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Nachlasspflegschaft, den die Klägerin gemäß § 2039 BGB in gesetzlicher Prozessstandschaft geltend machen könnte.
a) Grundsätzlich steht im Deliktsrecht ein Schadensersatzanspruch nur der unmittelbar geschädigten Person zu (BGH, Urt. v. 19. 6. 1952 – III ZR 295/51 –, BGHZ 7, 30–53 m.w.N.; MüKoBGB/Wagner, 8. Aufl. 2020 Rn 1, BGB § 844 Rn 1). Ausnahmen von diesem Grundsatz sehen nur die § 844 Abs. 1, 2 BGB bzw. im Bereich der Gefährdungshaftung § 10 Abs. 1, 2 StVG für den Ersatz der Beerdigungskosten und des Unterhaltsausfalls sowie § 845 BGB in der Form der Ersatzansprüche wegen entgangener Dienste vor; hinzugekommen ist seit Inkrafttreten der §§ 844 Abs. 3 BGB und 10 Abs. 3 StVG am 21.6.2017 das Hinterbliebenengeld. Für einen Anspruch der Erben auf Ersatz von durch den Erbfall angefallenen Kosten wie Kosten des Erbscheinsverfahrens oder einer Nachlasspflegschaft fehlt es daher an einer Anspruchsgrundlage. Es handelt sich für die Erben um einen reinen Vermögensschaden, für den das Gesetz keinen Ersatz vorsieht. Die Hinterbliebenen sind insofern mittelbar geschädigt ohne anspruchsberechtigende Schadensersatznorm (Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 26. Aufl. 2020, BGB § 844 Rn 71; Staudinger/Röthel (2015) BGB § 844, Rn 38).
b) Der Erbengemeinschaft steht auch kein ererbter Anspruch auf Ersatz der Kosten der Nachlasspflegschaft zu. Grund für die Bestellung einer Nachlasspflegerin war der Tod des Erblassers. Die Kosten der Nachlasspflegschaft sind somit kein Schaden, der dem Erblasser (zu seinen Lebzeiten) durch den Unfall entstanden ist.
2. Der Klägerin steht auch kein Hinterbliebenengeld gemäß § 844 Abs. 3 BGB, §§ 7 Abs. 1, 10 Abs. 3 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 1 PflVG zu.
a) Einem Anspruch aus § 844 Abs. 3 BGB steht entgegen, dass die Klägerin sowohl zur Zeit des schädigenden Ereignisses als auch beim Schadenseintritt noch nicht geboren war.
aa) Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt gemäß § 1 BGB mit der Vollendung der Geburt. Das Gesetz spricht dem zur Zeit der Verletzungshandlung noch ungeborenen Kind nur ausnahmsweise Ansprüche zu, zum Beispiel in § 844 Abs. 2 S. 2 BGB für den Unterhaltsanspruch. Auch bei § 1923 Abs. 2 BGB, der die Erbfähigkeit des bereits Gezeugten fingiert, handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift.
bb) Aus der Rechtsprechung, wonach der Schädiger grundsätzlich auch einem im Mutterleib geschädigten und daraufhin mit einem Gesundheitsschaden zur Welt gekommenen Kind auf Schadensersatz haftet (BGH, Urt. v. 5.2.1985 – VI’ZR 198/83 –, BGHZ 93, 351–358 = NJW 1985, 1390), kann ein Anspruch des Nasciturus auf Hinterbliebenengeld nicht hergeleitet werden. In den von dieser Rechtsprechung erfassten Fällen geht es jeweils um einen eigenen körperlichen Schaden des mit einer Schädigung zur Welt gekommenen Kindes, die durch ein Schadensereignis vor seiner Geburt verursacht worden ist. Im vorliegenden Fall lag demgegenüber eine körperliche Schädigung nur bei dem durch Unfall getöteten Vater der Klägerin vor, während für die Klägerin (neben dem unstreitig bestehenden Anspruch aus § 844 Abs. 2 BGB) nur ein immaterieller Schadensersatzanspruch in Betracht kommt.
cc) Einer analogen Anwendung von § 844 Abs. 2 S. 2 BGB zur Begründung eines Anspruchs des ungeborenen Kindes auf Hinterbliebenengeld steht bereits entgegen, dass § 844 Abs. 2 S. 2 BGB eine Sonderregelung für unterhaltsrechtliche Ansprüche enthält. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Gesetzgeber das ungeborene Kind bei der Einführung des Hinterbliebenengeldes planwidrig übersehen hat, zumal sich die in Betracht kommende Regelung im selben Paragraphen des BGB befindet.
b) Zudem fehlt es an dem besonderen persönlichen Näheverhältnis, das – wie § 844 Abs. 3 S. 1 BGB ausdrücklich bestimmt – zur Zeit der Verletzung des Getöteten bestanden haben muss (vgl. BGH Beschluss v. 18.5.2020 – 6 StR 48/20, BeckRS 2020, 12822 Rn 4; Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 26. Aufl. 2020, BGB § 844 Rn 125; HK-BGB/Ansgar Staudinger, 10. Aufl. 2019, BGB § 844 Rn 15). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob ein Embryo im 4. oder 5. Schwangerschaftsmonat bereits in der Lage ist, Stimmen wahrzunehmen. Die allmähliche Entwicklung der Sinnesorgane des Embryos im Mutterleib reicht zur Begründung eines persönlichen Näheverhältnisses zum Vater – im Sinn einer gelebten sozialen Beziehung – vor der Geburt nicht aus. Die Erwartung, dass sich ein solches Verhältnis nach der Geburt entwickelt hätte, kann angesichts der Festlegung des Gesetzgebers auf das Bestehen des Näheverhältnisses zur Zeit der Verletzung nicht berücksichtigt werden, damit auch nicht das Leid des Kindes, das ohne Vater aufwächst.
c) Der Klägerin kommt auch nicht die Vermutung eines besonderen persönlichen Näheverhältnisses nach § 844 Abs. 3 S. 2 BGB zugute.
aa) Di...