Da es für die Bestimmung der angemessenen Vergütung für Testamentsvollstreckungen keine amtlichen Vorgaben i.S.e. Gebührenordnung gibt, haben sich in der Praxis unterschiedliche Vergütungstabellen entwickelt. Die Rechtsprechung hat zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit i.S.d. § 2221 BGB seit jeher auf diese Vergütungstabellen zurückgegriffen. Von ihrer Rechtsnatur her handelt es sich bei ihnen allerdings erkennbar nicht um Regelungen, die mit irgendeiner Rechtskraft ausgestattet sind oder auch nur ansatzweise gesetzesnahe Regelungskraft entfalten. Sie müssen daher von den Gerichten im Vergütungsrechtsstreit keineswegs anerkannt werden und es empfiehlt sich, von der Begrifflichkeit her besser von "Vergütungsempfehlungen" zu sprechen.
1. Vergütungsempfehlungen des Deutschen Notarvereins aus dem Jahr 2000
Eine besonders hervorgehobene Rolle innerhalb der verschiedenen Vergütungstabellen spielen die Vergütungsempfehlungen des Deutschen Notarvereins aus dem Jahr 2000, die ihrerseits eine Weiterentwicklung der aus dem Jahr 1925 stammenden "Rheinischen Tabelle" darstellen. Sie wird teilweise auch "Neue Rheinische Tabelle" genannt.
Die Rechtsprechung hat diese Empfehlungen als grundsätzlich – wenn auch nicht in schematischer Anwendung – geeignet angesehen, um zu einer angemessenen Vergütung des Testamentsvollstreckers zu gelangen, auch bei überdurchschnittlich werthaltigen Nachlässen, ohne dass damit andere Möglichkeiten zur Vergütungsbestimmung ausgeschlossen worden wären. Diese Vergütungsempfehlungen sind mithin immerhin ein erster Anhaltspunkt für die Bemessung einer angemessenen Vergütung im Rahmen einer (Dauer-)Testamentsvollstreckung. Darüber enthalten die Empfehlungen auch Hinweise zur Behandlung häufig wiederkehrender Einzelfragen, wie etwa der Fälligkeit der Vergütung, der Behandlung der Umsatzsteuer, dem Auslagenersatzanspruch und der Vergütung mehrerer Testamentsvollstrecker.
2. Verbleibende Unsicherheit in der Praxis
Trotz dieser Empfehlungen ist das Konfliktpotential bei der Bestimmung der Angemessenheit der Testamentsvollstreckervergütung weiterhin signifikant hoch. Das überrascht nicht, sind doch ungeachtet der im Jahr 2000 entwickelten Vergütungsempfehlungen des Deutschen Notarvereins und ihrer grundsätzlichen Akzeptanz in der Praxis und der Rechtsprechung nach wie vor viele Fragen bei der Bemessung der angemessenen Testamentsvollstreckervergütung nicht nur unter Fachautoren umstritten.
Umfragen, auch wenn sie sicherlich nicht empirisch hart sind, bestätigen das. Auf die im Auftrag der AGT im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen gestellte Frage "Hatten Sie schon einmal Schwierigkeiten, Ihre angemessene Vergütung als Testamentsvollstrecker durchzusetzen?" antworteten 31 % von insgesamt 425 teilnehmenden Testamentsvollstreckern mit "ja". Auf die Frage "Würden Sie es begrüßen, wenn die AGT die Vergütungsempfehlungen des Deutschen Notarvereins hinterfragt?", antworteten 74 % von 350 befragten Testamentsvollstreckern mit "ja".