Der Einsatz von Wiederverheiratungsklauseln in Ehegattentestamenten dient dazu, den Schlusserben (bei der Einheitslösung) oder den Nacherben (bei der Trennungslösung) den Nachlass des Erstversterbenden ungeschmälert von erbrechtlichen oder sonstigen Beeinträchtigungen des neuen Ehegatten und dessen etwaiger Abkömmlinge aus der neuen Ehe zu erhalten.
Hiermit soll dem Problem des Nachlassverlusts an neue Familienmitglieder begegnet werden. Mit der Wiederheirat des überlebenden Ehegatten aus der Ursprungsfamilie entstehen automatisch Pflichtteilsrechte des zweiten Ehegatten und der evtl. aus der neuen Ehe hervorgehenden Kinder. Besonders pikant dabei ist, dass sich die neu entstehenden Pflichtteilsergänzungsansprüche sogar auch auf Vermögensgegenstände beziehen, die vor der erneuten Eheschließung oder Geburt übergeben wurden, z.B. mittels Übertragung an die Kinder aus der ersten Ehe. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch des neuen Ehegatten oder des neuen Abkömmlings nach § 2325 Abs. 1 BGB setzt nicht voraus, dass die Pflichtteilsberechtigung bereits im Zeitpunkt der Schenkung bestand. Dies ist mit einer der wesentlichen Gründe, der den Einsatz der Wiederverheiratungsklauseln in den Ehegattentestamenten attraktiv macht.
a) Vorwurf der Sittenwidrigkeit
Den Wiederverheiratungsklauseln ist jedoch in Gestalt der Sittenwidrigkeit eine Grenze gesetzt. Seit der Hohenzollernentscheidung des BVerfG ist das Augenmerk nun darauf zu legen, inwiefern die Wiederverheiratungsklausel unzulässigen Druck auf die durch Art. 6 Abs. 1 GG verbürgte Eheschließungsfreiheit des verbliebenen Ehegatten ausübt. Die Sittenwidrigkeit droht umso eher, je weniger dem überlebenden Ehegatten im Fall der Wiederverheiratung verbleiben soll.
Das BayObLG hatte eine Klausel mit Anordnung der gesetzlichen Erbfolge im Fall der Wiederheirat für unbedenklich erklärt. In diesem Fall verblieb dem erneut heiratswilligen Ehepartner sogar sein gesetzlicher Erbteil in Höhe der Hälfte des Nachlasses des Zuerstversterbenden.
Das OLG Saarbrücken geht in seiner Entscheidung noch etwas weiter: Es hat eine Wiederverheiratungsklausel für sittenwidrig erklärt, die den überlebenden Ehegatten für den Fall der Wiederverheiratung mit einem Vermächtnis zugunsten der Abkömmlinge des Erstversterbenden in Höhe des Werts des Nachlasses des Erstversterbenden belastet, d.h. dem überlebenden Ehegatten wird bei Wiederheirat der komplette Nachlass entzogen. Das OLG Saarbrücken hat jedoch eine testamentserhaltende ergänzende Auslegung zugelassen, die einen Vermächtnisanspruch der Abkömmlinge ergibt, der um die Höhe des Pflichtteilsanspruchs des überlebenden Ehegatten gekürzt ist. Will man hier angesichts der vorgenannten Entscheidungen auf der sicheren Seite sein, wird empfohlen, dem Überlebenden für den Fall der Wiederheirat zumindest wertmäßig seinen Pflichtteil und den Zugewinnausgleich zu belassen.
b) Ausgestaltung der Wiederverheiratungsklauseln bei der Trennungslösung
Soweit die Ehegatten die Trennungslösung im Ehegattentestament gewählt haben, bieten sich zwei Möglichkeiten zur Absicherung an. Denkbar ist die vormalige Befreiung des vorerbenden Ehegatten mit der Wiederheirat aufzuheben ggf. gekoppelt mit der Einsetzung eines Nacherbentestamentsvollstreckers, der die Mitwirkungs-, Kontroll- und Sicherungsrechte der Nacherben gegenüber dem nun nicht mehr befreiten Vorerben durchzusetzen hat.
Als andere Möglichkeit kann für den Eintritt des Nacherbfalls neben dem Tod des Vorerben die zusätzliche Bedingung des Wiederverheiratungsfalls aufgenommen werden.
Da dem überlebenden Ehegatten mit dem Eintritt des Nacherbfalls durch die neue Heirat der gesamte Nachlass entzogen wird, muss ihm zur Abwendung des Vorwurfs der Sittenwidrigkeit zumindest sein Pflichtteil am Nachlass des vorverstorbenen Ehepartners belassen werden.
Als Lösung bietet sich hier ein auf die Wiederverheiratung bedingtes Geldvermächtnis zulasten der Nacherben in Höhe des Pflichtteils und ggf. des Zugewinnausgleichs des Ehepartners an.
Gegebenenfalls kann auch die vermächtni...