Das Motiv für den Einsatz der Wiederverheiratungsklauseln ist grundsätzlich der Wunsch, das Vermögen des Erstversterbenden bei Wiederheirat des überlebenden Ehegatten nicht in die neue Familie abwandern, sondern den eigenen Abkömmlingen zugutekommen zu lassen.
Danach müssen die Entscheidungsmotive weiter eingegrenzt werden, um die passende Ausformung der Wiederverheiratungsklausel zu finden. Geht es darum, den überlebenden Ehegatten trotz der Wiederverheiratungsklausel weitestgehend abzusichern oder steht der allerbeste Schutz der Abkömmlinge im Vordergrund. Diese Frage müssen sich die Erblasser stellen.
Grundsätzlich kann man sagen, dass die Trennungslösung mit der Wiederverheiratungsklausel, die als aufschiebend bedingte Anordnung der Nacherbfolge eingeordnet wird, klarer und eindeutiger ist als die Vermächtnisvarianten in der Einheitslösung. Mit der Wiederheirat tritt grundsätzlich die Nacherbfolge der erstehelichen Kinder ein.
Die Tatsache der Anordnung der Nacherbfolge ist auch im Erbschein für den Ehegatten anzugeben. Dies gilt unabhängig davon, ob die Nacherbfolge bedingt oder unbedingt angeordnet ist. Sollte die Nacherbfolge nur hinsichtlich eines Erbteils angeordnet werden, ist der Vermerk im Erbschein entsprechend zu fassen. Die bedingten Einsetzungen der Kinder als Nacherben führt gem. § 51 GBO, der die verfahrensrechtliche Umsetzung des § 2113 BGB darstellt, zur Eintragungspflicht.
Die Trennungslösung bedeutet aber mehr Einschränkung für den überlebenden Ehegatten, der einen Großteil des Nachlasses weitergeben muss.
Wer dem Schutz der Abkömmlinge den absoluten Vorrang einräumen möchte, wählt eine Variante der Wiederverheiratungsklausel, nach der die Abkömmlinge unmittelbar nach dem Tod des ersten Ehegatten dessen Erben werden. Der überlebende Ehegatte erhält im Vermächtniswege den lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch, der aber durch die Wiederverheiratung auflösend bedingt ist. Der überlebende Ehegatte erhält nur eine zeitliche Nutzungsbefugnis ohne die Verfügungsgewalt über den Nachlass oder die Nachlassgegenstände.
Um diese Regelung nicht den Vorwurf der Sittenwidrigkeit auszusetzen, erhält der überlebende Ehegatte im Fall der Wiederverheiratung ein Vermächtnis in Höhe seines ursprünglichen Pflichtteilsanspruchs. Der Wert des bisher genutzten Nießbrauchrechts ist dabei jedoch in Abzug zu bringen.
Die Einheitslösung in Kombination mit den diversen Vermächtnissen bietet weniger Schutz für Abkömmlinge. Dies kann je nach Ausgestaltung der Klausel aber abgemildert werden. Weniger Schutz für die Abkömmlinge führt spiegelbildlich zu mehr finanzieller Freiheit für den überlebenden Ehegatten. Dabei kann man jedoch festhalten, dass mehr Freiheiten zugunsten des Ehegatten auch zu mehr Streitpotenzial zwischen Kindern und überlebenden Ehegatten führen.
Der lebzeitige Vermächtnisanfall kann zu Zwistigkeiten zwischen dem überlebenden Ehegatten und seinen leiblichen Abkömmlingen führen. Dies kann Gräben zwischen den Familienmitgliedern vertiefen. Andererseits erhalten die Kinder so frühzeitig ihren Anteil am Nachlass des Erstversterbenden. Ob sich dies wirtschaftlich auszahlt, ist fraglich, wenn die Zwistigkeiten dazu führen, dass der überlebende Ehegatte als Gegenreaktion nun beginnt, das ihm verbliebende Vermögen den Abkömmlingen zu entziehen. Da sich in diesem Fall sein Vermögen mit dem ihm im Mindestmaß zuzugestehenden Pflichtteil und Zugewinn am Nachlass des Erstversterbenden verbindet, geht es dabei häufig um ein größeres Vermögensvolumen, dass den erstehelichen Kindern entzogen werden kann.
Um lebzeitige Auseinandersetzungen zwischen erstehelichen Kindern und dem überlebenden Ehegatten zu vermeiden, kann es vorzugswürdig sein, das mit der Wiederheirat bedingte Vermächtnis auf den Zeitpunkt des Todes des Ehegatten fällig zu stellen. In diesem Augenblick wird ohnehin mit Streitigkeiten zwischen den Kindern aus der ersten Ehe und der neuen Familie zu rechnen sein, sodass das Vermächtnis aus der Wiederverheiratungsklausel nur die Diskussionsgrundlage in der Erbauseinandersetzung erweitert.