Soweit die Ehegatten die Einheitslösung im Ehegattentestament gewählt haben, sich also gegenseitig als Vollerben und die gemeinsamen Kinder als Schlusserben eingesetzt haben, bieten sich ebenfalls zwei Absicherungsmöglichkeiten durch unterschiedliche Wiederverheiratungsklauseln an. Zum einen, die Vollerbeneinsetzung durch die Wiederheirat auflösend zu bedingen und aufschiebend bedingte Vorerbschaft anzuordnen. Mit der Wiederheirat reduziert sich die bisherige Stellung des Ehegatten vom Vollerben zum Vorerben und der Nacherbfall tritt gleichzeitig ein. Nach überwiegender Meinung soll aufgrund einer tatsächlichen Vermutung in solchen Fällen mangels anderer Anhaltspunkte der Ehegatte aber als befreiter Vorerbe anzusehen sein. Sinnvollerweise sollte die Wiederverheiratungsklausel hierzu eine ausdrückliche Regelung enthalten. Auch hier gilt das zur Trennungslösung Ausgeführte: Um den Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht entstehen zu lassen, muss dem wiederverheirateten Ehegatten ein durch die Wiederheirat bedingtes Geldvermächtnis in Höhe seines Pflichtteils und ggf. seines Zugewinnausgleichsanspruchs zugedacht werden.
Zum anderen können für den Wiederverheiratungsfall aufschiebend bedingte Vermächtnisse zugunsten der Schlusserben angeordnet werden.
aa) Rein schuldrechtliche Wirkung
Vor Eintritt der Bedingung, also der Wiederheirat, steht dem Vermächtnisnehmer ein Anspruch aus einem bedingten Vermächtnis zu, der mit der Wiederheirat anfällt und fällig wird, §§ 2176, 2177 BGB.
Aufgrund der rein schuldrechtlichen Wirkung dieser Vermächtnisse ist die Rechtsposition der Abkömmlinge in der Schwebezeit bis zum Anfall gefährdet. Das bedingte Vermächtnis fällt erst mit dem Bedingungseintritt der Wiederheirat an. Der mit dem Wiederverheiratungsvermächtnis beschwerte überlebende Ehegatte ist in seiner Verfügung über den Vermächtnisgegenstand nicht beeinträchtigt und unterliegt keinerlei Verwaltungs- oder Sicherungsrechten. Gerade bei Immobilien im Nachlass wäre es für die Abkömmlinge sehr misslich, nur auf Schadenersatzansprüche verwiesen zu sein, nach §§ 2179, 160 BGB, wenn die Immobilien zwischen Erbfall und Anfall verkauft, verschenkt oder gepfändet wurde. Hier sollte daran gedacht werden, zum Schutz der Schlusserben, gerade im Hinblick auf Immobilien im Nachlass Sicherungen im Wege von Auflagen anzuordnen.
bb) Quoten- und Herausgabevermächtnisse
Beliebte Anordnungen in der Wiederverheiratungsklausel in der Variante der Einheitslösung sind Quotenvermächtnisse und Herausgabevermächtnisse. Die Quotenvermächtnisse verschaffen den Abkömmlingen im Wiederverheiratungsfall einen Zahlungsanspruch in Höhe eines Anteils am Nachlass. Die Herausgabevermächtnisse können den Ehegatten im Wiederverheiratungsfall verpflichten, z.B. den gesamten Nachlass an die Abkömmlinge herauszugeben oder nur bestimmte Nachlassgegenstände (Immobilie).
Formulierungsvorschlag Quotenvermächtnis:
Zitat
"Für den Fall, dass sich der überlebende Ehegatte wiederverheiratet, wird er zugunsten unseres Sohnes Robin mit einem Geldvermächtnis entsprechend dessen gesetzlichem Erbteil am Nachlass des erstversterbenden Ehepartners belastet."
Formulierungsvorschlag Herausgabevermächtnis:
Zitat
"Für den Fall, dass sich der überlebende Ehegatte wiederverheiratet, so ist er verpflichtet, den Nachlass des Zuerstversterbenden von uns als Vermächtnis an unseren Sohn Robin zu übereignen."
cc) Zeitmoment bei den Vermächtnissen im Rahmen der Wiederverheiratungsklausel
Zunächst stellt sich die Frage des Zeitmoments für die Fälligkeit des Vermächtnisses.
Dabei kann wiederum differenziert werden, dass die Vermächtnisse sofort mit dem Anfall bei der Wiederverheiratung, mit oder ohne Zeitpuffer oder erst beim Tod des Überlebenden fällig werden sollen.
Formulierungsvorschlag Fälligkeit mit kurzem Zeitpuffer:
Zitat
"Dieses Vermächtnis für unseren Sohn Robin ist innerhalb von drei Monaten nach der Wiederverheiratung fällig und bis dahin unverzinslich."
Formulierungsvorschlag weit hinausgeschobene Fälligkeit:
Zitat
"Dieses Vermächtnis für unseren Sohn Robin wird erst mit dem Tod des Letztversterbenden Ehegatten fällig."
Auch bei der Frage welche Berechnungsgrundlage oder welche Verhältnisse maßgebend sein sollen, spielt das Zeitmoment eine entscheidende Rolle. Problematisch wird es nämlich, wenn das Vermächtnis keine ausdrücklichen Regelungen zum Zeitpunkt der Bewertung anbietet. Dies eröffnet erhebliches Streitpotenzial. Oftmals vergehen zwischen dem Tod des Erstversterbenden und der Wiederheirat des Hinterbliebenen etliche Jahre.
Grundsätzlich wäre für die Vermächtnisse der Nachlass nach den Verhältnissen zum Todestag des Erstversterbenden zu berechnen. Wenn keine Werte zum damaligen Zeitpunkt festgestellt wurden, führt dies zu praktis...