Als Anspruchsgrundlage für eine Erstattung vom Vorerben realisierter Steuervorteile kommen in Betracht
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§ 2111 Abs. 1 BGB, da die Steuerentlastung in direkter oder analoger Anwendung des § 2111 Abs. 1 S. 1 BGB zu Surrogationsvorgängen führen oder zu den Nutzungen gehören könnte, |
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die §§ 2124 Abs. 2, 2125, 2126 BGB, indem man den Erstattungsanspruch des Vorerben auf den Betrag nach Abzug der Steuerentlastung beschränkt, |
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§ 2126 BGB "in umgekehrter Richtung" analog, basierend auf der These, der Steuervorteil, der sich mit einem Erbschaftsgegenstand verbinde, unterfalle genauso § 2126 BGB wie Steuernachteile, die mit dessen Veräußerung nach § 2126 BGB vom Nacherben zu tragen seien, |
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§ 667 BGB, der Pflicht zur Herausgabe von etwas aus dem Nachlass "Erlangten", sowie last, but not least |
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die §§ 812 ff. BGB. |
Soweit alle diese Ansatzpunkte keinen Ersatzanspruch begründen, wäre der Steuervorteil des Vorerben nicht auszugleichen und verbliebe diesem endgültig.
aa. Naeve will über § 2111 BGB steuerliche Verluste aus der Veräußerung von Erbschaftsgegenständen dem Nachlass zuordnen, was einen Erstattungsanspruch des Nachlasses/Nacherben gegen den Vorerben begründe, der den Steuervorteil aufgrund der Minderung seines übrigen steuerpflichtigen Einkommens um den Verlust realisiert hat. Die Steuerentlastung sei ein latent mit der Substanz des jeweiligen Erbschaftsgegenstands verbundener Vermögensvorteil, der sich mit Verkauf realisiere und wirtschaftlich "mit Mitteln der Erbschaft" erworben werde.
Der Steuervorteil wird aber nicht, wie von § 2111 BGB gefordert "durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft" erworben, sondern durch staatlichen Hoheitsakt in Form eines Steuerbescheids; er wird auch nicht mit "Mitteln der Erbschaft" erworben, sondern ist eine Förderung mit "Mitteln des Staates". Und vor allem ist der Steuervorteil kein taugliches Surrogat, da er weder ein Recht noch eine Sache ist und damit keiner dinglichen Surrogation zugänglich. Der Anwendungsbereich des § 2111 BGB, dingliche Surrogation, wird damit nicht berührt.
Nähert man sich der Frage, ob der Steuervorteil dem Nachlass zuzurechnen ist, nicht von der Seite, ob Nachlasszugehörigkeit gegeben sei, weil dingliche Surrogation eingetreten ist, sondern von der anderen Seite, ob er möglicherweise eine Nutzung i.S.d. § 2111 BGB, jedoch eine Übernutzung i.S.d. § 2133 BGB darstellt, sind ähnliche Überlegungen erforderlich. Zum einen ist nicht jeder Vermögensvorteil für den Vorerben Nutzung i.S.d. § 2111 BGB. Vielmehr gibt es auch Vermögenszuwächse, die dem Eigenvermögen des Vorerben zuzurechnen sind. Es bedarf daher zunächst einmal eines ausreichenden Nachlassbezugs. Dieser ist bei verhaltenslenkenden Steuervorteilen nicht per definitionem gegeben. Aus der Lenkungsfunktion der §§ 10f/g EStG ließe sich ableiten, der Steuervorteil entspringe dem Verhältnis Staat-Vorerbe, nicht dem Verhältnis Vorerbe-Nacherbe. Diese Frage kann – zumindest hier – aber dahinstehen, denn Nutzungen sind in der Denkwelt des Gesetzgebers und seines dinglichen Konzepts des § 2111 BGB Nutzungen i.S.d. § 100 BGB, also Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie Gebrauchsvorteile. Der Steuervorteil ist jedoch weder Frucht des betreffenden Kulturguts noch sein Gebrauchsvorteil; er ist gar keine Nutzung, sondern ein staatlicher Zuschuss zu den durch §§ 10f/g EStG für förderfähig erklärten Aufwendungen. Aufwendungen sind aber keine Nutzungen, selbst dann nicht, wenn sie durch Zuschüsse Dritter gemindert werden.
§ 2111 BGB taugt daher weder allein noch im Zusammenspiel mit § 2133 BGB als Anspruchsgrundlage für eine Erstattung der Steuervorteile des Vorerben aus den §§ 10f/g EStG an den Nacherben.
Die gleichen Gründe sprechen auch gegen eine analoge Anwendung des § 2111 BGB als Anspruchsgrundlage: entweder, weil die Steuervorteile bloßer Rechtsreflex des Steuerrechts, aber für das Verhältnis Vor- und Nacherbe irrelevant sind. Oder man versteht die Steuervorteile als Minderung der von dem Vorerben getragenen erstattungsfähigen Kosten. Dann ist Lösung in § 2124 BGB zu suchen und der dortigen Berechnungsmethodik, wann Kosten vom Vor-, wann vom Nacherben zu tragen sind.
b. Man könnte weiterhin die Ansprüche auf Aufwendungsersatz nach §§ 2124 Abs. 2, 2125, 2126 BGB als "netto, nach Steuern", verstehen und die Aufwendungen des Vorerben direkt um die Steuervorteile kürzen, die der Abzug als Sonderausgaben mit sich bringt. Jedoch steht der steuerliche Sonderausgabenabzug nur in einem mittelbaren Zusammenhang mit den außerordentlichen Erhaltungskosten bzw. Lasten oder Verwendungen und ist nicht mit der erstattungsfähigen Vorsteuer oder gezogenem Skonto vergleichbar. Ob und in welcher Höhe sich überhaupt ein Steuervorteil ergibt, hängt davon ab, ob der Vorerbe überhaupt steuerpflichtige Einkünfte hat und wenn, in welcher Höhe. Der Steuervorteil realisiert sich zudem in den Fällen der §§ 10f/g EStG nur über zehn Jahre hinweg. Demgegenüber steht die steuerliche Entlastung durch die sofortige Abz...