Bei Erwerben bis zu 26 Mio. EUR hat der Erwerber die Auswahl zwischen der Regelverschonung von 85 % gem. § 13a Abs. 1 ErbStG, die antragsfrei gewährt wird, und der Optionsverschonung (100 %) nach § 13a Abs. 10 ErbStG. Bei Betriebsvermögen i.H.v. 26 Mio. bis 90 Mio. EUR kann der Erwerber zwischen dem "Abschmelzbetrag" gem. § 13c ErbStG oder der Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG wählen. Da der Antrag auf die Optionsverschonung unwiderruflich ist, sollte ein entsprechender Antrag bei erworbenen Betriebsvermögen bis zu einer Höhe von 26 Mio. EUR so spät wie möglich gestellt werden, um genügend Zeit für die Berechnung der steuerfreundlichsten Methode haben zu können. Bei Großerwerben (begünstigtes Vermögen größer als 26 Mio. EUR) wird empfohlen, zunächst einen widerruflichen Antrag nach § 28a ErbStG zu stellen, um nicht in die sog. "Abschmelzfalle" zu gelangen. Im Einzelfall kann es jedoch auch geboten sein, durch bewusstes Handeln gegen die Lohnsummenkontrolle oder die Vorgaben des § 13a Abs. 6 Nr. 1-5 ErbStG zu verstoßen.
1. Gefahr "Schuldenfalle"
Auch wenn das Gesetz den Verschonungsabschlag nach § 13a ErbStG antragslos und zwingend gewährt, kann dies in bestimmten Konstellationen für die Erbschaftsteuerbelastung von erheblichem Nachteil sein. Werden bspw. GmbH-Anteile mit einem Wert von bis zu 26 Mio. EUR vererbt oder verschenkt, die voll fremdfinanziert sind oder sogar ein Schuldenüberhang vorhanden ist, werden aufgrund von § 10 Abs. 6 S. 4 ErbStG die Schulden bei der Steuerberechnung nicht in voller Höhe berücksichtigt. Die Konsequenz ist, dass der Erwerber trotz der Schuldenbelastung des betrieblichen Vermögens nicht vollständig steuerbefreit wird.
a. Literatur: Steuerpflicht aufgrund fehlender Leistungsfähigkeit verfassungswidrig/Lösung: Bewusstes Auslösen der Nachsteuertatbestände
Im Schrifttum wird kritisiert, dass die Belastung mit der Erbschaftsteuer verfassungswidrig sei, wenn der Erwerb einen Verkehrswert von Null hat oder gar im Minus ist. Eine Besteuerung trotz fehlender Leistungsfähigkeit sei hiernach verfassungswidrig. Vorgeschlagen wird eine analoge Anwendung von § 13 Abs. 3 S. 2 ErbStG, unter derzeitiger Rechtslage habe der Erwerber jedoch nur die Möglichkeit durch bewusstes Auslösen der Nachsteuertatbestände eine vollumfängliche Schuldenverrechnung zu erlangen.
b. Stellungnahme
Die Kritik an der derzeitigen Rechtslage überzeugt. Es erscheint nicht zweckgerecht, dass Erwerber von betrieblichen Vermögen, welches die 26 Mio. EUR Grenze nicht überschreitet, im Einzelfall gezielt die Vorschriften der Lohnsummenregelung oder der Behaltensfrist brechen müssen, um eine vollständige Schuldenverrechnung in Bezug auf die Erbschaftsteuer durchführen zu können. Es sollte daher möglich sein, bereits auf die Regelverschonung verzichten zu können, um nicht zur Steueroptimierung bewusst gegen Vorgaben verstoßen zu müssen.
2. Gefahr der "Abschmelzfalle"
Die sog. "Abschmelzfalle" beschreibt einen Sachverhalt, bei dem ein Erwerber von Großvermögen zunächst einen unwiderruflichen Antrag nach § 13c Abs. 1 S. 1 ErbStG gestellt hat und innerhalb der Zehn-Jahres-Frist der Zusammenrechnung der Erwerbe weiteres Betriebsvermögen unentgeltlich erwirbt, sodass die o.g. Schwellenwerte überschritten werden, hierbei erfolgt eine neue Steuerberechnung für den Ersterwerb, während der Neuerwerb schon von vorneherein nicht begünstigt wird. Fraglich ist hierbei, ob dem Erwerber zumindest die Möglichkeit der Verschonungsbedarfsprüfung eröffnet ist.
a. Eine Ansicht: Antragsrecht verbraucht
Die Finanzverwaltung hat sich nicht konkret zu entsprechenden Sachverhalten geäußert. Aus der ErbStR 2019 lässt sich entnehmen, dass die Minderung des Verschonungsabschlags sowohl für den letzten als auch für den früheren Erwerb gilt. Dies könnte für einen Antragsverbrauch sprechen mit der Rechtsfolge, dass der Erwerber keine Möglichkeit hat, einen Antrag auf Verschonung nach § 28a ErbStG zu stellen.
b. Andere Ansicht: Verschonungsbedarfsprüfung weiterhin möglich
Diese negative Konsequenz für den Erwerber wird in der Literatur kritisiert. Daher wird zum Teil gefordert, im Billigkeitswege dem Erwerber die Möglichkeit zu geben, einen Antrag auf Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28c ErbStG zu stellen.
c. Stellungnahme
Die "Abschmelzfalle" kann insbesondere den Erwerber treffen, wenn unvorhergesehen weiteres Betriebsvermögen von Todes wegen vererbt wird. Da ein solcher Erbanfall nicht geplant werden kann wie bei einer Schenkung, sollte dem Erwerber zumindest die Möglichkeit gegeben werden, die Verschonungsbedarfsprüfung in Anspruch zu nehmen. Aufgrund der derzeitigen Auffassung der Finanzverwaltung sollte daher, bevor ein unwiderruflicher Antrag nach § 13c ErbStG gestellt wird, umfassend gep...