Köln hat eine, München hat schon seit Längerem eine, Berlin hat selbstverständlich eine, Leipzig und Dresden haben erst kürzlich eine erlassen – die Rede ist von Zweckentfremdungssatzungen oder auch Satzungen zum Schutz von Wohnraum.
In Zeiten eines immer angespannteren Mietmarktes haben schon in den vergangenen Jahren immer mehr Städte von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die sog. Zweckentfremdung von Wohnraum zu verbieten und (angeblich) geeignete Maßnahme zur Wiederherstellung der Wohnnutzung anzudrohen. In vielen weiteren Gemeinden werden derzeit politische Diskussionen über den Erlass einer solchen Satzung geführt.
Während man meinen möchte, dass die in dieser Weise in Erscheinung tretenden Städte insbesondere gegen die Kurzzeitvermietung an Touristen (Stichwort: Airbnb) oder gegen die gewerbliche bzw. berufliche Nutzung von Wohnraum vorgehen wollen, geraten auch immer häufiger (Mit-) Erben "ins Visier". Das von der verstorbenen Mutter bis zuletzt zu eigenen Wohnzwecken genutzte Reihenhaus, die vom verstorbenen Vater bis zum Todesfall selbst bewohnte Eigentumswohnung sind nach Vorstellung der Behörden dann schon nach einigen Monaten – zumal durch die Erbengemeinschaft – durch Fremdvermietung der Nutzung zu Wohnzwecken zuzuführen.
Die Gemeinden sind dabei der Ansicht, dass eine unbewohnte und zur Aufbewahrung des beweglichen Nachlasses genutzte Nachlassimmobilie im Sinne ihrer Verordnungen "leersteht" (so auch VGH Mannheim, Urt. v. 22.10.1998 – 10 S 275/97). Denn Leerstand im Sinne der Verordnung setze nicht voraus, dass die vom Verstorbenen hinterlassene Immobilie leergeräumt sei. Dabei versteht die eine Gemeinde einen – dem Wortlaut nach – "Leerstand" von mehr als drei Monaten als Zweckentfremdung, während andere Gemeinden einen Leerstand von bis zu 12 Monaten dulden.
Für Miterben, zumal solche, die sich über die Verteilung des beweglichen Nachlasses, die Räumung der Nachlassimmobilie und den Verbleib von in dieser aufbewahrten Erinnerungsstücken noch streiten (wollen), ist dieses Vorgehen der Kommunen nicht nur lästig. Denn viele dieser Satzungen ahnden die Zweckentfremdung als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 500.000,00 EUR. Viele der Satzungen sehen zudem vor, dass sich der verfügungsberechtigte Erbe aktiv um die Genehmigung der Zweckentfremdung bemühen muss.
ZErberus meint: So sehr Mandanten, die zu Beginn des Mandatsverhältnisses von einer leerstehenden und vom Erblasser zuletzt bewohnten Immobilie berichten, auf geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Immobilie und auf die erforderliche Kontaktaufnahme zu der Wohngebäudeversicherung hingewiesen werden müssen, so sollten sie bei einer Nachlassimmobilie im Geltungsbereich einer Zweckentfremdungssatzung auch auf die Einhaltung der konkreten Regeln der Zweckentfremdungssatzung hingewiesen werden.
Die Bürokratie kennt eben keine Grenzen.
ZErb 11/2024, S. I