Prof. Dr. Eilers führte aus, dass die deutsche Abkommenspolitik hinsichtlich der zahlreich vorhandenen Missbrauchsklauseln komplex und uneinheitlich sei. Vor dem Hintergrund einer rechtssicheren Anwendung müsse hinterfragt werden, ob Deutschland nicht eine Vereinheitlichung der Missbrauchsklauseln anstreben sollte.
Nach Herrn Wichmann sei eine Vereinheitlichung der Missbrauchsklauseln zwar wünschenswert. Die Praxis zeige indes, dass der Wille zur Vereinheitlichung von Missbrauchsvorschriften regelmäßig an dem unterschiedlichen Entwicklungsstand und den differierenden Ansätzen der einzelnen Rechtsordnungen der Vertragsstaaten scheitere.
Prof. Dr. Kraft bezweifelte, dass ein deutsches Musterabkommen nach dem Vorbild USA der deutschen Wirtschaft tatsächlich dienlich sei. Das Beispiel der US-amerikanischen Abkommenspolitik verdeutliche, dass nationale Musterabkommen zur Konsequenz hätten, dass Doppelbesteuerungsabkommen ausschließlich unter der Bedingung der Zustimmung des Vertragspartners zur Verankerung umfassender eigenständiger Missbrauchsklauseln vereinbart werden würden.
Herr Müller-Gatermann hielt es dagegen für sinnvoll, ein deutsches Musterabkommen anzustreben. Selbstverständlich habe Prof. Dr. Kraft mit der Behauptung Recht, dass ein Musterabkommen primär dem deutschen Staat diene, um auf diese Weise gegenüber dem Vertragspartner mehr Überzeugungskraft aufweisen zu können und fiskalisch konsistent zu sein. Die deutsche Wirtschaft würde von einer derartigen Entwicklung aber ebenfalls profitieren, da ein Grundgerüst in Form des Musterabkommens bestehen würde, an dem sich Unternehmen hinsichtlich grenzüberschreitender Steuerfragen orientieren könnten.
Dr. Haas gab zu bedenken, dass sich die steuerliche Rechtslage für in Deutschland ansässige multinational operierende Unternehmen schlecht darstellen würde, wenn das Musterabkommen zur Konsequenz hätte, dass in Anlehnung an die US-amerikanische Abkommenspolitik die von Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen in zunehmendem Maße Missbrauchsklauseln enthielten. Gleichwohl spreche er sich angesichts des Beteiligungsdefizits der deutschen Wirtschaft im Rahmen der Entstehung von Doppelbesteuerungsabkommen für die Entwicklung eines deutschen Musterabkommens aus.
Nach Ansicht von Prof. Dr. Lüdicke sei es nicht empfehlenswert, den internationalen Tendenzen zur Ausweitung des Betriebsstättenbegriffs aus deutscher Perspektive zu folgen. Eine Ausweitung der beschränkten Steuerpflicht könne nur durch Änderung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG zugrundeliegenden Betriebsstättenbegriffs iSd § 12 AO vollzogen werden. Eine Ausweitung des Betriebsstättenbegriffs würde damit nicht nur eine Erweiterung der beschränkten Steuerpflicht im Ausland ansässiger Steuerpflichtiger bewirken, sondern auch die Steuerpflichten in allen innerstaatlichen Fällen erweitern; eine Rechtsfolge, die nicht angestrebt werden sollte.