Knut Werner Lange
1. Aufl. München 2011, Verlag C. H. Beck, 1128 Seiten, 128,– EUR
Eingetretene Erbrechtpfade verlässt das neue Lehrbuch "für Studium und Praxis" von dem Bayreuther Professor Dr. Knut Werner Lange. Es handelt sich um das derzeit wohl modernste Lehrbuch zum Erbrecht. Der Aufbau folgt anders als bei üblichen Werken nicht der gesetzlichen Gliederung, sondern den Interessen der Akteure. Nach den einführenden Kapiteln zu Entwicklungslinien, Grundprinzipien und Grundbegriffen des Erbrechts wird zunächst die Perspektive des Erblassers, insbesondere seine Gestaltungsmittel, dargestellt. Anschließend widmet sich der Autor den Nachlassberechtigten (Erben, Vermächtnisnehmern, Testamentsvollstreckern etc.), insbesondere deren Stellung und der Sicherung der Nachlassteilhabe. Schließlich wird die Perspektive des Rechtsverkehrs (Nachlassgläubiger, Pflichtteilsberechtigte etc.) dargestellt. Behandelt werden dabei die Erbenhaftung, Fragen der Legitimation und der Mindestbeteiligung am Nachlass. Komplettiert wird das Ganze durch Kapitel zum Landwirtschaftserbrecht, zur Unternehmensnachfolge (mit den gesellschaftsrechtlichen Bezügen) und zum Erbfall mit Auslandsbezug. Bei der Lektüre kommt durch eine Vielzahl von lebensnahen Beispielen keine Langeweile auf. Dazu tragen insbesondere die klare Sprache, grafische Übersichten, Schaubilder und das übersichtlich strukturierte Schriftbild bei. Die zahlreichen Fußnoten sind nicht überfrachtet, sondern weisen völlig ausreichend meist auf nur eine Entscheidung oder Fundstelle hin. Dabei beschränkt sich der Autor auch nicht auf eine bloße Wiedergabe des Meinungsstandes, sondern nimmt auch selbst Stellung ("rechtspolitische Kritik"). Exemplarisch betrachtet werden soll hier das Kapitel "Der Erbfall mit Auslandsbezug". Das Internationale Erbrecht gewinnt zunehmend an Bedeutung. So leben ca. 6,7 Mio. Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland. Darüber hinaus verfügen viele deutsche Erblasser über Vermögen im Ausland. Nach einem ausführlichen Literaturverzeichnis stellt der Autor die Grundprinzipien des internationalen Privatrechts, die für die Lösung dieser Erbfälle unumgänglich sind, dar. Die Möglichkeiten einer Rechtswahl werden ebenso erörtert wie die Reichweite des Erbstatuts und das Problem der Abgrenzung des anwendbaren Erb- zum Sachenrecht. Ausführlich widmet sich Lange der Frage der Gültigkeit letztwilliger Verfügungen beim Erbfall mit Auslandsbezug und dem Ordre-public-Vorbehalt. Neben der Darstellung der aktuellen Rechtslage wird auch ein Blick auf die anstehende tiefgreifende Reform des internationalen Erbrechts geworfen. So bietet das Werk eine kompakte Übersicht zur geplanten EU-Erbrechtsverordnung. Der Systemwechsel vom Staatsangehörigkeitsprinzip hin zum letzten gewöhnlichen Aufenthalt als Anknüpfungspunkt soll auch im Verhältnis zu Drittstaaten gelten. Typische Problemfälle wie z. B. der sogenannte "Mallorca-Rentner" oder die Auslandsimmobilie oder die Erbverträge bei gemischt-nationalen Ehen werden anhand von kurzen Beispielsfällen aufgezeigt. Dabei zeigt der Autor auch Lösungen, z. B. im Rahmen der beschränkten Rechtswahl, auf und geht auf das aktuelle und das künftige Nachlassverfahrensrecht, insbesondere das europäische Nachlasszeugnis (EU-Erbschein), ein.
Für Studenten und Referendare setzt das Werk einen "Kontrapunkt zu den skriptenhaften Lernmaterialien". Es vermittelt Lesespaß und einen "barrierefreien Einstieg" in die "komplexe Welt des Erbrechts".
Dr. Ludwig Kroiß, Direktor des Amtsgerichts, Traunstein