Ist also die Besichtigung der Erblasserwohnung Beurkundungstätigkeit, stellt sich die Frage, nach welchen Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit hier der Notar die Besichtigung vornehmen darf oder ggf. die Besichtigung vornehmen muss.
1. Örtliche Zuständigkeit durch gesetzliche Zuweisung
Die Frage nach der Zuständigkeit des Notars könnte zunächst durch die gesetzliche Bestimmung einer örtlichen Zuständigkeit des Notars zu beantworten sein, wie dies etwa in § 88 SachRBerG für das notarielle Vermittlungsverfahren oder für die obligatorische Streitschlichtung nach § 15 a EGZPO vorgesehen ist.
Für eine solche Zuständigkeit könnte zunächst der Wortlaut des § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB – soweit es um das Verzeichnis des Pflichtteilsberechtigten geht – sprechen, wenn es dort heißt "... durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird". Damit könnte gemeint sein, es gäbe eben auch einen "zuständigen" Notar. Indes fehlt es an einer ausdrücklichen Zuweisung einer örtlichen Zuständigkeit des Notars, etwa des Notars mit Amtssitz an dem letzten Wohnort des Erblassers.
2. Die Anwendung allgemeiner Vorschriften auf die Besichtigung
Gibt es keine ausdrückliche örtliche Zuständigkeit, kann für die Besichtigung nur auf die allgemeinen Vorschriften für die Zuständigkeit des Notars (§§ 10 ff BNotO) zurückgegriffen werden.
a) Wohnung des Erblassers im Amtsbereich (§ 10 a Abs. 1 BNotO)
Ist die Erblasserwohnung innerhalb seines Amtsbereichs (§ 10 a Abs. 1 BNotO), wird eine Besichtigung der Erblasserwohnung jedenfalls beurkundungsrechtlich unbedenklich sein. Der Notar wird hier zwar außerhalb seiner Geschäftsstelle tätig, diese Tätigkeit ist aber nicht zu beanstanden, zumal "sachliche Gründe" für die auswärtige Tätigkeit sprechen.
b) Wohnung des Erblassers (auch) außerhalb des Amtsbereichs (§ 10 a Abs. 2 BnotO)
Liegen die zu besichtigenden Räumlichkeiten oder sonstige in Augenschein zu nehmende Gegenstände einerseits im Amtsbereich des Notars, andererseits aber auch außerhalb seines Amtsbereichs, sind zwei Fragen zu unterscheiden. Zunächst stellt sich die Frage, ob der Notar auch außerhalb dieses Amtsbereichs tätig werden darf, ohne gegen die sich aus § 10 a BeurkG ergebenden Pflichten zu verstoßen. Darüber hinaus stellt sich aber auch die Frage, ob der Notar die Beurkundung ganz oder zum Teil (soweit sie außerhalb seines Amtsbereichs liegt) ablehnen darf.
Eine Urkundstätigkeit des Notars außerhalb seines Amtsbereichs (aber innerhalb des Amtsbezirks) ist dem Notar nur gestattet, wenn besondere berechtigte Interessen des Rechtssuchenden dies "gebieten". Soweit die vom Notar aufzusuchende Wohnung ausschließlich außerhalb des Amtsbereichs liegt, ist § 10 a Abs. 2 BeurkG unmittelbar anwendbar. Besonderheiten bei der Aufnahme des Nachlassverzeichnisses gegenüber anderen Beurkundungstätigkeiten bestehen damit nicht. Dies gilt im Übrigen auch dort, wo die einzige zu besichtigende Wohnung außerhalb des Amtsbezirks (§ 11 BNotO) liegt.
aa) Recht zur Aufnahme des Verzeichnisses außerhalb des Amtsbereichs
Die Vorschrift des § 10 a BNotO und der darin enthaltene unbestimmte Rechtsbegriff der "besonderen berechtigten Interessen der Rechtssuchenden" bedarf zunächst der Konkretisierung. Nach Lerch ergeben sich zwei Fallgruppen (Grundfälle). Der hier in Betracht kommende Grundfall soll dann vorliegen, "wenn der Notar aufgrund sonstiger, d. h. umfassender Betreuungstätigkeit mit einem umfangreicheren Sachkomplex befasst war ... und dieser aus in der Sache liegenden Gründen nicht in der Geschäftsstelle vorgenommen werden kann". Zunächst ist hier die Fallgestaltung denkbar, dass der Notar den Auskunftspflichtigen umfassend auf seine Pflichten hinweist, umfassende Ermittlungen vornimmt und in diesem Zusammenhang auf die außerhalb seines Amtsbereichs liegenden Vermögensgegenstände – die es zu besichtigen gilt – stößt. Hat der Notar nunmehr bereits erheblichen Aufwand betrieben und bedarf der weitere Gegenstand der Besichtigung, so dürften die Voraussetzungen des § 10 a Abs. 2 BNotO für eine auch insoweit zulässige Bestandsaufnahme in der von Lerch gefundenen Auslegung durchaus zulässig sein.
Anders mag es liegen, wenn der Notar bereits im ersten Gespräch – ohne mit der Sache bislang näher befasst zu sein – von dem außerhalb des Amtsbereichs liegenden Vermögensgegenstand etwa der Ferienwohnung hört. Soweit die Voraussetzungen des § 10 a Abs. 2 BNotO nicht vorliegen, dürfte ein Tätigwerden unter dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs zulässig sein. Der Notar wird jedenfalls ein Tätigwerden, soweit das Verzeichnis für Gegenstände innerhalb seines Amtsbereichs liegt, nicht ablehnen können, ansonsten müsste der Auskunftspflichtige mit "amtsbereichsüberschreitenden Nachlass" auch anderswo mit der Ablehnung der Amtstätigkeit und damit dem Zugang zum Notar überhaupt, rechnen. Daraus folgt, dass zugleich ein Sachzusammenhang gegeben ist, der ein Tätigwerden auch außerhalb des ...