Ist das Testament des Onkels an der entscheidenden Stelle unleserlich geworden und streiten sich der Neffe Martin und die Nichte Maria darüber, wer von beiden als Erbe zu 1/4 eingesetzt ist – der Buchstabe "M" ist aber noch sicher erkennbar – dann sollte der Auslegungsvertrag nicht festlegen, dass man sich darauf einigt, dass Martin und Maria Miterben je zu 1/8 sind. Denn zu solcher Auslegung kann das Nachlassgericht nicht gelangen. Ist durch das Testament der Bruder des Erblassers als einziger gesetzlicher Erbe schlüssig enterbt, so kann entweder Martin oder Maria oder keiner von beiden Erbe sein, weil nicht feststellbar ist, wen der Erblasser bedacht hat. Damit der Vergleich durchführbar ist, könnte Maria – für den Fall dass das Nachlassgericht sie als Erbin ansieht – die Hälfte ihres Erbteils von 1/4 auf Martin übertragen. Martin wird umgekehrt für den Fall, dass er als Erbe angesehen wird, von dem dann "eigentlich" ihm zustehenden 1/4 die Hälfte auf Maria übertragen. Der Bruder des Erblassers sollte in die Regelung einbezogen werden, wenn man "sichergehen" will. Er überträgt, für den Fall dass das Nachlassgericht ihn als Erben ansieht, je die Hälfte des aufgeteilten Nachlasses an Martin und Maria.

Die Erbteilsübertragung ändert zwar nichts an der Erbfolge, bewirkt aber vermögensmäßig, dass der durch den Auslegungsvertrag erzielte Vergleich durchgeführt werden kann.Der Auslegungsvertrag als Vergleich über das Erbrecht beinhaltet eine eventuelle Übertragung eines Erbteils oder eines Teiles davon (§ 2033 BGB). Der Auslegungsvertrag bedarf deshalb nach § 2033 BGB der Form der notariellen Beurkundung.[31] Die Einigung im Mediationsverfahren (§ 2 Abs. 6 MediationsG) ist wegen dieser Formbedürftigkeit nicht möglich. Auch die Dokumentation und Hinterlegung beim Amtsgericht ändern daran nichts. Erforderlich ist die Beurkundung durch einen Notar (s. o. Teil I 2 e) oder ein Übergang zu einem schiedsgerichtlichen Verfahren mit einem "Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut" (s. o. Teil I Exkurs nach 2 e ), weil durch diesen die Form der notariellen Beurkundung ersetzt wird

[31] RG Gruchot 50 (1906), 662 = JW 1905, 721 = DJZ 1906, 145; RG Gruchot 55 (1911), 364; RGZ 72, 209 = JW 1910, 23; RGZ 171, 358; KG JFG 6, 165 ; BGH, NJW 1986, 1812 = FamRZ 1986, 462 = JR 1986, 373 = DNotZ 1987, 110; BayObLG FamRZ 1989, 99, 100; OLG Frankfurt, OLGZ 1990, 15.

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