1. Die Pflicht zur Erfüllung der Einigung
Der Auslegungsvertrag beschränkt sich nicht darauf, eine bestimmte Auslegung der Verfügung von Todes wegen festzuschreiben, er beinhaltet stillschweigend auch die Verpflichtung, alles zur Durchführung der vereinbarten Auslegung Erforderliche zu tun. So müssen – wenn keine andere Regelung im Vergleich getroffen ist – Rechtsmittel im Erbscheinsverfahren zurückgenommen werden, wenn ein erforderlicher Erbschein erteilt ist, weil es auf den Erbschein nicht mehr ankommt; der gewünschte Erfolg wird durch die eventuelle Erbteilsübertragung (s. o. Teil II 2) erreicht. Feststellungsklagen über das Erbrecht sind nunmehr überflüssig und müssen zurückgenommen oder der Streit für erledigt erklärt werden. Da man über die entstandenen Verfahrenskosten streiten könnte, sollte der Auslegungsvertrag, der grundsätzlich auch alle wesentlichen Nebenabsprachen enthalten muss, schon diese Punkte klären und im Vergleich festlegen.
Da es kein Kostenfestsetzungsverfahren für Mediationsverfahren gibt, muss die Pflicht zur Kostentragung und zur Höhe derselben im Mediationsvergleich festgelegt werden (s. o. Teil I 2 b). Nach Dokumentation der Kostenregelung (§ 2 Abs. 6 MediationsG) und deren Niederlegung beim zuständigen Amtsgericht (§ 796 a Abs. 1 ZPO) kann der Vergleich insoweit vom Amtsgericht (§ 796 b ZPO) oder Notar (§ 796 c ZPO) für vollstreckbar erklärt werden.
Der Auslegungsvertrag ist ein Vergleich (s. o. Teil II 1). Demgemäß ist § 779 Abs. 1 BGB anwendbar: Fehlt die Vergleichsgrundlage, so ist der Vergleich nichtig, er braucht also nicht einmal angefochten zu werden. Diese Rechtsfolge mag gar nicht so selten eintreten, man denke daran, dass das zugrunde gelegte Testament unwirksam ist, z. B. weil es von dritter Seite angefochten wird oder weil der Erblasser testierunfähig war oder weil ein Widerrufstestament aufgefunden wird. Die Teilanfechtung eines Testaments berührt natürlich den Auslegungsvertrag. Da es ein Vertrag schuldrechtlicher Art ist, findet § 139 BGB Anwendung.
Auch sollte der Vergleich den wesentlichen Nachlass, um den es geht, benennen. Gar nicht so selten bestehen nämlich unterschiedliche Vorstellungen der Beteiligten über den Nachlass-Bestand. Auch die Fälle des eventuellen Auftauchens weiterer Forderungen gegen den Nachlass und das Auffinden weiterer Nachlassgegenstände sollte geregelt werden.
Besonders wichtig ist dies für Vergleiche über Pflichtteilsansprüche. Betrachtet man den angegebenen oder auch nur den stillschweigend dem Vergleich zugrunde gelegten Nachlassbestand als Vergleichsgrundlage, so löst – nach der neueren Rechtsprechung des BGH – das Auftauchen weiterer Nachlassgegenstände keinen durchsetzbaren Anspruch auf Aufstockung des Pflichtteils aus. Jeder Anspruch auf Aufstockung verjährt nach der heutigen Regelung in drei Jahren (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB).
2. Die betroffenen Nachlassgläubiger
Durch den Auslegungsvertrag wird die Haftung des wirklichen Erben gegenüber den Nachlassgläubigern nicht berührt; der Auslegungsvertrag bindet ja als schuldrechtlicher Vertrag nur die Vertragsschließenden – und das sind die Gläubiger nur, wenn sie am Mediationsvergleich beteiligt waren (§ 2 Abs. 4 MediationsG). Wenn sie nicht anwaltlich vertreten waren, so schließt dies ihre Einbeziehung in den anwaltlichen Mediationsvergleich nicht aus. Denn auch bei einem gerichtlichen Vergleich, der ein Verfahren mit Anwaltszwang beendet, braucht ein beitretender Dritter nicht durch einen Anwalt vertreten zu sein. Das entbindet den Mediator nicht von seiner Pflicht nach § 2 Abs. 6 S. 1 MediationsG, auch dem beitretenden Dritten die Sachlage und den Vergleichsinhalt verständlich zu machen.
Wenn ein Nachlassgläubiger einen Erben oder Miterben verklagt, so muss er beweisen, dass der Beklagte der Erbe ist. Dabei mag dem Nachlassgläubiger der Erbschein zugutekommen, wenn dieser den Beklagten als Erben ausweist. Der Erbschein stellt aber nur eine Richtigkeitsvermutung (vgl. § 2365 BGB) auf, und wer nicht zahlen will, der kann daran denken, die Vermutung zu erschüttern. Es kann sich also ergeben, dass der Beklagte der wahre Erbe ist, sodass er verurteilt wird. Ist er nach dem Auslegungsvertrag aber Nicht-Erbe, so hat er einen Rückgriffsanspruch gegen denjenigen, der nach dem Auslegungsvertrag als Erbe festgelegt ist; der Beklagte wird demjenigen, der nach dem Auslegungsvertrag Erbe ist, im Prozess den Streit verkünden ...