Als praktisches Beispiel soll die Ehe einer japanischen Ehefrau mit einem deutschen Ehemann dienen, die in Deutschland im gesetzlichen Güterstand leben und zwei volljährige Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit haben. Testamente haben beide nicht errichtet. Es wird im Folgenden erörtert, welche erb- und (erbschaft-)steuerrechtlichen Folgen beim Tode des Ehemannes eintreten und welche Folgen beim Tode der Ehefrau hervorgerufen werden.
I. Erbrechtliche Wirkungen eines deutsch-japanischen Erbfalls – anwendbares Recht?
Im vorgenannten Beispiel stellt sich beim Tode eines der Ehegatten zunächst die Frage, welches Recht Anwendung findet, ob sich also die Erbfolge nach deutschem oder japanischem Recht bemisst. Ist diese Frage geklärt, schließt sich die Frage nach der konkreten Erbfolge im Einzelfall an. In diesem Zusammenhang wird geklärt, wie sich die Situation darstellt, wenn kein Testament, Erbvertrag und keine sonstige letztwillige Verfügung vorliegt bzw. wenn eine solche letztwillige Verfügung vorhanden ist. Hierbei wird die Frage nach der Einhaltung von etwa maßgeblichen Formvorschriften beantwortet werden müssen und schließlich die Frage, ob formwirksam getroffene Regelungen inhaltlich Bestand haben oder stattdessen Grenzen nach dem anzuwendenden Sachrecht gezogen werden. Hierbei sind, wie folgend zu zeigen sein wird, teilweise erstaunlich detaillierte Übereinstimmungen zwischen deutschem und japanischem Erbrecht gegeben, teilweise aber auch erhebliche Unterschiede vorhanden. Was der eine Ehegatte wirksam für seine Erbfolge anordnen darf, ist dem anderen Ehegatten teilweise nicht gestattet.
1. Anwendbares Recht: Ist deutsches oder japanisches (Erb-)Recht einschlägig?
Die erste zu beantwortende Frage ist diejenige nach der Anwendbarkeit des deutschen oder japanischen Erbrechts.
Die Antwort auf diese Frage findet sich im internationalen Privatrecht (folgend: IPR), das das anwendbare Recht, folgend: Erbstatut, bestimmt.
Es gibt zwischen Japan und Deutschland keinen Völkervertrag, der die Frage nach dem Erbstatut beurteilt. Daher müssen das deutsche IPR und auch das japanische IPR herangezogen werden, um die Frage des im Erbfall geltenden Rechts zu beantworten. Wenn hier gleichlautende Verweisungen vorliegen für den konkreten Fall, so kann ohne international-rechtliche Probleme wie Normenkollision oder Normenmangel das anwendbare Erbrecht bestimmt werden.
a) Deutsches IPR
Dieses ist in Art. 25 ff EGBGB kodifiziert. Hiernach gilt: Das Recht der Erbfolge bestimmt sich nach dem Recht der Staatsangehörigkeit des Erblassers, Art. 25 Abs. 1 EGBGB (Heimatrecht), es handelt sich hierbei um eine Gesamtverweisung, Art. 3 Abs. 1 EGBGB. Es kann insoweit Sonderfälle geben, dass für in Deutschland belegenes Grundstücksvermögen unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Erblassers die Anwendbarkeit deutschen Erbrechts gewählt wird, Art. 25 Abs. 2 EGBGB. Dies muss aber in einer wirksamen letztwilligen Verfügung (zu den einzuhaltenden Formvorschriften siehe letzter Absatz der lit. a.) geschehen, sodass entsprechende Konstellationen in der Praxis nicht überaus häufig sind.
Es erfolgt damit in der Regel eine Anknüpfung des IPR an die Staatsangehörigkeit des Erblassers, sein letzter Wohnsitz oder eine Rechtswahl (außer im Fall des Art. 25 Abs. 2 EGBGB, siehe oben) sind unbeachtlich.
Die Anforderungen an die Form der letztwilligen Verfügung bestimmen sich nach Art. 26 EGBGB, der das Haager Testamentsformübereinkommen vom 5.10.1961 in deutsches Recht kodifiziert. Die letztwillige Verfügung ist danach wirksam, wenn sie nach den Vorschriften des Heimatrechts des Erblassers, hilfsweise des Rechts am Ort der Errichtung, hilfsweise nach dem Recht am Ort des letzten Wohnsitzes des Erblassers, hilfsweise bei Liegenschaften nach dem Recht am Ort der Belegenheit und äußerst hilfsweise nach dem nach dem Erbstatut anzuwendenden Recht wirksam wäre. Damit wird der Grundsatz des "favor testamenti" verwirklicht: Hiernach wird die Formwirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen begünstigt, um der Bedeutung des Erblasserwillens Rechnung zu tragen.
b) Japanisches IPR
Dieses regelt, nachdem 2006 das bisherige Horei (japanisches IPR-Gesetz) abgeschafft wurde, nun im "Ho no tekyo ni kann suru tsusoku-ho" ("Rechtsanwendungsgesetz", das seit dem 15.06.2006 gilt), das in seiner Funktion dem EGBGB entspricht, dort in Art. 36, 37 Rechtsanwendungsgesetz, dass ebenfalls das Heimatrecht des Erblassers dessen erbrechtliche Beziehungen bestimmt. Hi...