Im Folgenden wenden wir uns einigen "Sonderkonstellationen" zu, die ein japanischer Erblasser in seinem Testament bestimmen kann bzw. die aufgrund seiner letztwilligen Verfügungen auftreten können.
aa) Pflichtteilsrecht, Art. 1028 ff JZGB
Pflichtteilsberechtigt können der Ehegatte und die Kinder sein, bei Fehlen von Kindern die Verwandten des Erblassers in aufsteigender Linie, allerdings nur bis zur 2. Ordnung (Art. 1028, 1029 JZGB). In der japanischen Erbrechtspraxis wird das Pflichtteilsrecht regelmäßig relevant, wenn ein gesetzlicher Erbe durch Testament auf einen Erbteil gesetzt wird, der unter seinem gesetzlichen Erbteil liegt.
Wer ausschlägt oder durch Erbunwürdigkeit (Art. 891 ff JZGB) oder Enterbung (Art. 891 f JZGB) von der Erbfolge ausgeschlossen ist, ist nicht pflichtteilsberechtigt. "Enterbung" ist dabei aber nicht im Sinne des deutschen Erbrechts zu verstehen, wo häufig eine konkludente Enterbung eines Pflichtteilsberechtigten, z. B. durch Einsetzung eines anderen Erben, geschehen kann. Nach Art. 891 ff JZGB müssen konkrete Gründe (z. B. Misshandlung oder "schwere Beleidigung") vorliegen, die dann – durch Antrag beim japanischen Familiengericht – zu einer formellen Enterbung führen können. "Erbunwürdigkeit" im Sinne des Art. 891 JZGB bedeutet dagegen, dass mit Vorliegen der dort normierten Voraussetzungen (z. B. vorsätzliche Tötung des Erblassers, Verfälschung/Vernichtung eines Testaments, Nötigung des Erblassers zu einem konkreten Testament oder zu dessen Änderung/Aufhebung) automatisch eine gesetzliche Erbenstellung entfällt. Damit besteht eine zwar vom Grundgedanken vergleichbare Regelung des deutschen und des japanischen Erbrechts, die aber in der konkreten Umsetzung, insbesondere im Hinblick auf Verfahrensregelungen, anders gestaltet sind.
Die Quote des Pflichtteilsrechts bestimmt sich nach Art. 1029 ff JZGB, wobei hier umfangreiche Anrechnungsmöglichkeiten betreffend z. B. lebzeitige Zuwendungen bestehen, hierzu Art. 1030 ff JZGB.
bb) Anrechnung von Empfängen zu Lebzeiten auf Erbanteil und Pflichtteilsrechte, Art. 903 ff JZGB, Art. 1030 ff JZG
Ähnlich dem deutschen Recht in den §§ 2050 ff BGB können Zuwendungen an einen Erben/Vermächtnisnehmer zu Lebzeiten auf seinen Erbteil bzw. das Vermächtnis anzurechnen sein. So ist nach § 903 JZGB ein Vermächtnis oder eine Schenkung zu Lebzeiten für den Zweck des Lebensunterhalts, der Annahme als Kind oder der Eheschließung an einen Miterben auf seinen Erbteil anzurechnen. Nach Art. 903 JZGB werden lebzeitige Zuwendungen des Erblassers an den Erben und auch Vermächtnisse an den Erben auf dessen Erbteil angerechnet, maßgeblich ist der Wert der Zuwendung zum Zuwendungszeitpunkt (Art. 904 JZGB). Gegengerechnet werden können aber Leistungen des Anrechnungspflichtigen im Betrieb des Erblassers oder Pflegeleistungen gegenüber dem Erblasser (hierzu Art. 904 a JZGB). Diese Leistungen erhöhen aber unabhängig von anzurechnenden Vorausempfängen den Erbanteil des begünstigten Erben: Auch derjenige, der sich nichts anrechnen lassen muss, kann eine Erhöhung seines Erbanteils nach Art. 904 a JZGB verlangen.
Die konkrete Berechnung vollzieht sich ähnlich der Systematik von Zuwendungen und Vorempfängen wie im deutschen Erbrecht.
Gerade im japanischen Pflichtteilsrecht sind aber umfangreiche Anrechnungsvorschriften zu finden, Art. 1030 ff JZGB. Der Pflichtteilsberechtigte muss sich hier nach umfangreichen Vorschriften Zuwendungen zu Lebzeiten auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen.
cc) Testamentsvollstreckung, Art. 1004 ff JZGB
Letztlich kann der Erblasser noch Testamentsvollstreckung anordnen, Art. 1004 ff JZGB. Der Erblasser kann hier konkrete Personen benennen, aber auch deren Ernennung durch Dritte, insb. das Familiengericht, anordnen (Art. 1006 JZGB). In konkreten Fällen, z. B. der Anerkennung eines nichtehelichen Kindes, ist ein Testamentsvollstrecker zu bestellen, ebenso bei Enterbung oder deren Widerruf (Art. 893, 894 JZGB). Das Amt muss durch die designierte Person angenommen werden, Art. 1007 JZGB. Ähnlich wie der deutsche Testamentsvollstrecker muss der japanische Testamentsvollstrecker ein Nachlassverzeichnis errichten (Art. 1011 JZGB). Die Aufgabe des Testamentsvollstreckers ist die Verwaltung des Nachlasses, er darf dazu alle notwendigen Handlungen vornehmen, Art. 1012 JZGB Letztlich kann der Testamentsvollstrecker eine Vergütung verlangen, Art. 1018 JZGB, entweder regelt der Erblasser diese selbst, oder das Familiengericht setzt diese fest nach Ermessen unter Berücksichtigung des Nachlassumfangs und des Arbeitsaufwands des Testamentsvollstreckers.
dd) Widerruf eines Testaments, Art. 1022 JZGB
Der Erblasser kann ein einmal errichtetes Testament auch widerrufen, indem er ein Widerrufstestament errichtet (Art. 1022 JZGB), oder neuere Testamente vom älteren Testament abweichende Regelungen treffen oder Rechtsgeschäfte unter Lebenden trifft, die den testamentarischen Regelungen widersprechen (Art. 1023 JZGB) oder die Testamentsurkunde ...