Prof. Dr. Jutta Müller-Lukoschek
zerb verlag 2013, 328 Seiten, kartoniert, 39,– EUR
ISBN: 978-3-941586-84-0
Die Europäische Erbrechtsverordnung ist bereits am 4. Juli 2012 vom Rat verabschiedet worden. Sie stellt das internationale Erbrecht in Deutschland am 16. August 2015 auf völlig neue Beine. Die Umstellung auf die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt führt dazu, dass die meisten bisherigen "Auslandsfälle" nun plötzlich Inlandserbrechtsfälle sind, und in manchen bislang harmlosen Konstellationen für deutsche Erblasser plötzlich ausländisches Erbrecht zur Anwendung steht. Dem zerb Verlag verdanken wir, dass es jetzt endlich auch eine einführende Monografie zu dieser Verordnung gibt.
Die Darstellung beginnt mit einer Einführung in das Thema, also die Besonderheiten und die speziellen Herausforderungen bei der Behandlung internationaler Erbfälle, sowie einer Übersicht über die bestehenden Europäischen Verordnungen auf dem Bereich des Internationalen Privatrechts. Das anschließende Kapitel enthält den Hauptteil des Werks, eine Darstellung des Inhalts der Erbrechtsverordnung, insbesondere des neuen internationalen Erbkollisionsrechts. Dieses wird zwar erst für die nach dem 17. August 2015 eingetretenen Erbfälle gelten. Jeder Berater muss es aber schon heute bei der Nachlassgestaltung beachten. Auch die internationale Zuständigkeit, die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen sowie das neue Europäische Nachlasszeugnis und die fortbestehenden bilateralen Abkommen mit einigen Drittstaaten werden dargestellt. Diese Ausführungen werden im anschließenden Kapitel vertieft, wo anhand von Beispielsfällen die Lösungen nach der aktuellen und der künftigen Rechtslage ermittelt werden. Die Darstellung schließt mit drei Schwerpunktkapiteln ab: Das Kapitel 4 betrifft die Nachlassplanung durch den deutschen Notar (und den deutschen Rechtsanwalt). Hier findet man zahlreiche praktische Gestaltungsempfehlungen und Formulierungsvorschläge. Kapitel 5 und 6 behandeln die weitere Effektivität der bislang empfohlenen kollisionsrechtlichen Strategien zur Pflichtteilsminimierung und das Erbrecht eingetragener Lebenspartner unter der Erbrechtsverordnung. In einem Anhang werden die Ausführungen durch einen Abdruck der Erbrechtsverordnung und weiterer internationaler erbrechtsrelevanter Texte abgerundet, wie des Haager Testamentsformabkommens und der einschlägigen Klauseln aus den für Deutschland geltenden bilateralen Abkommen.
Das Buch ist an den Bedürfnissen des Rechtsanwenders ausgerichtet. Die Darstellung ist stets klar verständlich, anschaulich und übersichtlich. Müller-Lukoschek stellt der Neuregelung durch die Erbrechtsverordnung stets die aktuelle Situation nach den Regeln des EGBGB gegenüber, sodass der Leser die bevorstehenden Änderungen deutlich erkennt. Die praktischen Auswirkungen der Neuregelung stehen im Vordergrund. Dies gilt insbesondere für die Rechtsanwendungsregeln, die in der Nachlassplanung schon heute zu berücksichtigen sind. Über die verfahrensrechtlichen Regeln, die erst mit dem Anwendungsstichtag relevant werden, wird ein Überblick gegeben, der auf alles Wesentliche hinweist. Auf die in der Literatur sich anbahnenden "Theorienstreitigkeiten" wird hingewiesen, ohne dass der Leser schon jetzt mit einer zu sehr ins Detail gehenden Auseinandersetzung belastet wird. Bedauerlich ist allein, dass in diesem gerade in der Übergangszeit erschienenen Buch nicht noch ausführlicher auf die Übergangsregeln in Art. 83 ErbVO eingegangen wird. Auch die Probleme mit Verzichtsverträgen kommen mE zu kurz.
Die vorgenannten Ergänzungswünsche können das Fazit freilich nicht schmälern: Müller-Lukoschek ist es gelungen, eine verständliche Einführung in die neue Rechtslage zu schreiben. Diese kann vor allem solchen Kollegen empfohlen werden, denen die Mechanismen des IPR bislang noch nicht geläufig waren. Ihnen verschafft die Lektüre einen direkten Einstieg in die neue Erbrechtsverordnung. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Einführung von Frau Prof. Müller-Lukoschek praktisch alternativlos. Und das alles gibt es zu einem unschlagbar günstigen Preis.
Autor: Dr. Rembert Süß
Dr. Rembert Süß; Rechtsanwalt, Würzburg
ZErb 1/2014, S. 034