Hans Klingelhöffer
C. H. Beck, München, 4., völlig überarbeitete Auflage 2014. Buch. XXIV, 250 S. Kartoniert, 49 EUR
ISBN 978-3406648779
Das nunmehr in der 4. Auflage erschienene Buch ist ein "Klassiker" der erbrechtlichen Literatur. Dies hat seinen guten Grund: Trotz der verhältnismäßigen Kürze des Werkes (250 Seiten) gelingt Klingelhöffer eine umfassende und solide Darstellung der Materie des Pflichtteilsrechts. Neben den Grundlagen wird eine Vielzahl der wesentlichen Probleme rund um das Pflichtteilsrecht aufgezeigt und verständlich erläutert. Abgerundet wird die Darstellung mit zahlreichen Tipps aus der Praxis und Hinweisen auf mögliche Risiken für den beratenden Rechtsanwalt. Die übersichtliche Gliederung und die sprachlich klare Formulierung machen das Werk überdies zu einer angenehmen Lektüre.
Das Inhaltsverzeichnis ist im Vergleich zur Vorauflage schlanker geworden, es tauchen nicht mehr alle Unterpunkte aus dem Werk auf. Dies dient zwar durchaus der Übersichtlichkeit, erschwert aber auch etwas den Überblick über die im Werk behandelten Einzelprobleme und deren Auffindbarkeit. Ob dies dem Leser zusagt, dürfte letztlich vor allem eine Frage des individuellen Geschmacks sein.
Neu aufgenommen wurden in der 4. Auflage Erläuterungen zum Pflichtteilsverzicht des Sozialleistungsbeziehers, zur Inhaltskontrolle des Pflichtteilsverzichts sowie zur Europäischen Erbrechtsverordnung. Daneben werden einige Themen wie z. B. pflichtteilsrelevante Aspekte bei Lebensversicherungen und Stiftungen vertiefter behandelt. Die Fußnoten wurden um etliche neue Entscheidungen und aktuelle Literaturhinweise ergänzt.
Auch die Änderungen im Bereich der Pflichtteilsentziehung durch die Pflichtteilsrechtsreform werden etwas ausführlicher behandelt. Positiv hervorzuheben ist die Erörterung der bisher zu der Neuregelung ergangenen Entscheidungen. Insgesamt bleibt die Darstellung aber dennoch recht knapp. Die ungeachtet der Reform fortbestehenden bzw. durch die Änderung der Pflichtteilsentziehungsgründe neu verursachten Probleme werden nur kurz angerissen oder gar nicht angesprochen. Insbesondere im Hinblick auf den neu eingeführten Entziehungsgrund des § 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB (rechtskräftige Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat) wären ausführliche Erläuterungen – etwa zu den Anforderungen an eine Unzumutbarkeit oder zu den aus diesem Kriterium resultierenden Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den formellen Vorgaben des § 2336 Abs. 2 S. 2 BGB – wünschenswert gewesen.
Tendenziell noch kürzer fallen die Ausführungen zu den sonstigen durch die Pflichtteilsreform geänderten Vorschriften aus. So fehlen bspw. nähere Erläuterungen zu den geänderten Stundungsvoraussetzungen. Gerade aufgrund der insoweit neu eingeführten unbestimmten Rechtsbegriffe sollte eine Auseinandersetzung mit diesen mE nicht unterbleiben. Die knappe Darstellung der sich über § 2316 BGB auch auf den Pflichtteil auswirkenden Ausgleichungspflicht bei Pflegeleistungen der Abkömmlinge nach § 2057a BGB steht im Widerspruch zu der angesichts des hohen Pflegebedarfs steigenden praktischen Relevanz des Themas.
Im Gegensatz zu diesen weitgehend knapp gehaltenen Ausführungen wird die vor der Reform geltende Rechtslage auch in der 4. Auflage noch ausführlich behandelt.
Alles in allem handelt es sich, trotz der genannten Ergänzungswünsche hinsichtlich der Erläuterung der durch die Pflichtteilsreform neugefassten Vorschriften, nach wie vor um ein gelungenes und praxisgerechtes Buch. Für die wirklich vertiefte Beschäftigung mit pflichtteilsrechtlichen Problemen ist das Werk aufgrund seiner Kompaktheit weniger geeignet – dies dürfte jedoch auch nicht der Zielsetzung des Autors entsprochen haben. Für den Einstieg in die Materie und als schnelles Nachschlagewerk ist das Buch aber sehr zu empfehlen.
Autor: Dr. Johanna Schmidt
Dr. Johanna Schmidt, Rechtsanwältin, München
ZErb 1/2015, S. 032